Am Montag, den 19. April fand wieder einmal die monatliche Stadtversammlung des Münchner Kreisverbandes der Grünen statt, nach zwei Abstechern in den Münchner Westen diesen Monat wieder im zentralen Sendling. Angekündigt um 19:00 Uhr, begann sie dann nach etwas mehr als 20 Minuten später dann auch wirklich – für Grünen-Verhältnisse also noch relativ pünktlich. Anwesend waren geschätzt 50 Mitglieder und etwa ein dutzend „externe“ Besucher (dazu weiter unten mehr), also insgesamt etwas weniger als sonst.
Als glückliche Fügung stellte es sich heraus, dass ich beim Losgehen zuhause vergessen hatte, den Laptop auszupacken – der Präsentation-Laptop vor Ort funktionierte wohl nicht richtig, womit ich unserem Gast-Redner Herrn Idriz wohl die Präsentation gerettet habe. 🙂
Nikolaus‘ Eröffnungsrede hatte ich wegen diesem kurzfristigen Umorganisieren nur am Rande mitbekommen. Aufgeschnappt habe ich, dass es einen „Datenschutz-Spaziergang“ durch München geben soll, was schon mal recht interessant klingt. Außerdem wurde das 900. Mitglied des Stadtverbandes München geehrt, der vor vor wenigen Tagen Mitglied wurde.
ZIE-M – Zentrum für Islam in Europa / München
Anmoderieren sollte diesen Tagesordnungspunkt, hauptsächlich eine Informationsveranstaltung über ein geplantes islamisches Zentrum in München, wohl ursprünglich Hep Monatzeder. Da er aber wegen des erlahmten Flugverkehrs zurzeit unfreiwillig nicht anwesend war, vertrat ihn Gülseren Demirel von der grünen Stadtratsfraktion. Sie stellte recht allgemein die Gründe vor, aus denen die Stadtratsfraktion das Projekt für unterstützenswert hält: bei geschätzt über hunderttausend Muslimen in München sollen diese ihre Religion offen leben können und heraus aus den Hinterhofmoscheen kommen können; es wäre begrüßenswert, dass Imame auch in Deutschland ausgebildet werden; und dieses konkrete Projekt traue man zu, diese Ziele zu erreichen, da es breite Unterstützung erfährt (Muslime verschiedener Länder initiierten das Projekt, Zustimmung aller wichtiger Stadtratsfraktionen respektive der CSU) und die Initiatoren mit dem Islamischen Forum Penzberg bereits ein gelungenes Projekt vorzuweisen haben.
Ein bisschen genauer stellte das Projekt dann Benjamin Idriz vor, der Imam der Islamischen Gemeinde Penzberg – aber auch nur ein bisschen: das ganze Projekt ist wohl noch in einem recht frühen Planungsstadium. Das Zentrum soll fünf Bereiche umfassen: eine Akademie, eine Moschee, ein Gemeindezentrum, ein Museum und eine Bibliothek. Es soll unabhängig von den Herkunftsländern der Organisatoren und eventueller Geldgeber sein, und gerade durch die Betonung der Kombination aus Islam, Deutschland und der deutschen Sprache identitätsstifend sein. Idriz wurde auch nicht müde, sich immer wieder zum Grundgesetz zu bekennen (er hatte auch letzten November eine Rede zum 60jährigen Jubiläum gehalten) und auch klassische grüne Themen anzuschneiden (Umwelt, Frauenrechte) – manchen im Publikum ging dieser „Patriotismus“ wohl schon wieder zu weit.
Soweit war alles wie gewohnt angenehm harmonisch. In der anschließenden Diskussion wurden zum einen wieder einige gute Fragen gestellt (Finanzierung, geschlechterspezifische Fragen des Zugangs und der Ausrichtung des geplanten Zentrums, …), zum anderen kamen aber auch eine ganze Reihe an Fragen bzw. in Fragen verpackte Vorwürfe, die recht aktiv den Islam an sich in Frage stellten. Idriz konnte hier auf einige Punkte recht gut antworten, z.B. mit Verweis auf alternative Koran-Übersetzungen (insb. verwies er auf die Übersetzung von Muhammad Asad) und vertrat überzeugend die Position eines aufgeklärten Islams, war aber auch nicht perfekt schlagfertig und ritt ein bisschen zu häufig auf der Sache mit dem bayerischen Verfassungsschutz herum (die aber natürlich nichtsdestoweniger skandalös ist).
Die Diskussion würde dann irgendwann recht wenig elegant abgebrochen – durch einen GO-Antrag von Gülseren auf Beendigung derselbigen. Das löste nicht wenig Befremdung aus, auch wenn der Antrag eine knappe Mehrheit fand: dass Diskussionen nicht bis zum bitteren Ende geführt werden und Diskussionsteilnehmerinnen aktiv ignoriert werden, ist alles andere als Grünen-typisch. Den Hintergrund dafür erfuhr ich dann auch erst nach der Stadtversammlung: unter den Diskutanten befanden sich wohl als Partei-externe Besucher der Stadtversammlung auch einige Vertreter einschlägig bekannter islamophoben Gruppierungen, die auch schon in ähnlichen Veranstaltungen häufiger auffielen. Für die Diskussionsleiter sicher auch keine einfache Situation.
Versöhnlich war dann der Ausgang der zweiten Abstimmung: Der Antrag, das Projekt als Partei zu unterstützen, fand eine große Mehrheit, ohne Gegenstimmen und mit nur drei Enthaltungen.
Google Street View
Nikolaus stellte im Folgenden kurz den von ihm, Hanna und Beppo unterzeichneten Antrag „Google Street View – München widerspricht den Nutzungsmöglichkeiten der Daten seiner Immobilien“ vor. Demnach soll die grüne Stadtratsfraktion beantragen, dass einerseits bei allen Gebäuden der städtischen Beteiligungsgesellschaften der Nutzung der StreetView-Aufnahmen widersprochen werden soll, und dass andererseits die Bürger Münchens seitens der Stadt über ihr Widerspruchsrecht hinsichtlich Google Street View informiert werden sollen.
Auf Wunsch eines Diskussionsteilnehmers im Publikum wurde der Antrag noch um einen Passus ergänzt, die Stadtratsfraktion solle prüfen, inwieweit ein stadtweites Verbot durchsetzbar wäre.
Mich persönlich irritierte bei der gesamten Diskussion etwas, dass zwar in der vorab zugegangenen Begründung des Antrags die Problematik rund um Google Street View korrekt zusammengefasst wurde, es in der Diskussion vor Ort dann aber eher so rüber kam, als ob es ausschließlich darum ginge, Google einfach mal eines auszuwischen.
Der Antrag wurde aber letztlich mit großer Mehrheit angenommen.
Essen an städtischen Kantinen
Den letzten Antrag der Versammlung stellte Hanna vor. An städtischen Kantinen solle demnach zu einem geringerem Fleischkonsum angeregt werden, besonders durch eine jährliche „Veggie-Woche“ und Werbemitteln zu diesem Thema. Als Grund dafür wurde vor allem die Umweltbelastung (insb. CO2-Ausstoß) durch den hohen Fleischkonsum in unserer Gesellschaft vorgebracht, wobei in der anschließenden Diskussion seitens des Publikums darauf hingewiesen wurde, dass es noch viele andere Gründe gibt, den Fleischkonsum einzuschränken.
Eines der „Highlights“ des Abends war der Beitrag eines Partei-externen Besuchers an dieser Stelle, dass doch die ganze CO2-Debatte verfehlt sei, weil es doch eh noch keine Belege für einen Klimawandel gebe, die Studien doch alle gefälscht seien, und so weiter. Schön, dass es Trolle auch außerhalb des Internets gibt. 🙂
Nach ein paar Änderungsvorschlägen an der Antragsformulierung, die auch aufgenommen wurden, wurde der Antrag mit großer Mehrheit verabschiedet.
Schluss
Vor dem Ende der Stadtversammlung wurde noch kurz das gescheiterte Biosphärenreservat im Umland von Garmisch-Partenkirchen thematisiert und damit auch einmal mehr die Entscheidung der Münchner Grünen über die Olympischen Winterspiele 2018 letzten September. Bei der damaligen Entscheidung für Unterstützung der Münchner Bewerbung spielten das zugesagte Biosphärenreservat eine nicht unbedeutende Rolle, weswegen sich wohl gerade die damaligen Kritiker der Bewerbung nun bestätigt sehen. Da Boris Schwartz, der dazu wohl am meisten sagen hätte können, wohl vulkanaschenbedingt ebenfalls nicht anwesend war, wurde das Thema dann aber (auf Antrag auch „definitiv“) auf die nächste Stadtversammlung verschoben.