Die Münchner Grünen-Stadtversammlung am 21. Juni hatte ein dicht gedrängtes Programm. Etwa 60-70 Personen, von denen aber nur knapp die Hälfte bis zum bitteren Ende durchhielten, hatten sich im Hofbräuhaus versammelt, um sich einerseits von Glenn Schmidt von BMW über den aktuellen Feldversuch mit dem MINI-E informieren zu lassen, und um andererseits über eine ganze Reihe von Anträgen abzustimmen.
Zu Beginn wies Nikolaus Hoenning auf die Aktionen der Münchner Grünen zur Unterstützung der Präsidentschaftsbewerbung von Joachim Gauck hin, gefolgt vom Aufruf nach Helfern zum Grünen-Stand am Christopher Street Day.
Dieter Janecek leitete auf das Thema Elektromobilität hin, indem er das folgende Gespäch mit Schmidt in den größeren Kontext des Mein-Bayern-Prozesses setzte und darauf hinwies, dass für uns Grüne bei allem Interesse für die Elektromobilität das Ziel eher in der Vermeidung von motorisierten Individualverkehr liegt und es gerade in Großstädten auch bereits Trends dahingehend gibt.
Glenn Schmidt stellte nun ausführlicher den Feldversuch mit dem MINI-E vor. Weltweit sind demnach derzeit etwa 600 Fahrzeuge unterwegs, davon um die 15 in München. Getestet werden sie von Interessierten Bewerbern, vorrangig Männern über 40. Ziel des Tests ist dabei, die Praxistauglichkeit der Elektro-Wägen zu untersuchen, gerade hinsichtlich der verhältnismäßig geringen Reichweite (die durchschnittliche Reichweite bei einer vollen Ladung beträgt etwa 150km) und des Wiederaufladens (bei einer Schnellaufladung an speziellen Säulen dauert eine Vollaufladung etwa 3,8h). Eine lustige Anekdote ist, dass sie bei der Durchführung wohl mehrfach gefragt wurden, ob man mit den Autos schon Waschanlagen nutzen könne, wegen Elektronik und Wasser und so…
Gerade für die Verwendung innerhalb der Stadt scheinen die Autos wohl in den oben genannten Aspekten tatsächlich kaum Nachteile gegenüber Verbrennungsmotoren zu haben – das Problem der geringen Kofferraumfläche bleibt aber.
Die wirklich kritische Frage bei Elektro-Autos ist, und ein Großteil der Nachfragen gingen in diese Richtung, die Zusammensetzung des Strommixes. Einen wirklichen ökologischen Vorteil gegenüber Verbrennungsmotoren haben Elektro-Autos erst dann, wenn der Strom auch aus regenerativen Quellen stammt, nicht wiederum aus Verbrennung oder Atomkraftwerken. Das ist beim derzeitigen Strommix noch nicht gegeben. Schmidt verwies dabei einerseits darauf, dass dies nicht ihre Aufgabe sondern die der Stromwirtschaft sei, andererseits darauf, dass über intelligente, automatische Lademethoden über Nacht die Stromaufnahme so reguliert werden könne, dass sie sich an die recht wechselhaft auftretenden Überkapazitäten der Windenergie anpasse.
In der Diskussion wurden noch verschiedene Aspekte rund um die Lebensdauer der Batterien (~10 Jahre) diskutiert, zukünftige Modelle, „Vehicle 2 Grid“ und die Möglichkeit eines „Batterie-Wechselservices an Tankstellen“ (wurde von Schmidt wegen der aufwändigen dahinter stehenden Logistik eher kritisch beurteilt).
Leider ließ sich Schmidt dann mitunter doch zu einer „Autos machen tragen doch gerade mal x% zum CO2-Ausstoß bei, problematisch sind doch viel mehr …“-Argumentation hinreißen – andererseits kann man natürlich fast nicht erwarten, dass ein Vertreter von BMW in die immer wieder formulierte Forderung, wir müssten uns weg vom Auto hin zur Schiene entwickeln, unisono einstimmt.
Nach der Diskussion über E-Mobilität ging es an die Anträge. Zuerst wurde in einem Antrag die Einrichtung eines „Cluster Bildung“ vorgeschlagen. Dieser soll über den Zeitraum von etwas über einem Jahr längerfristige Visionen zum Bildungssystem entwickeln, im Rahmen der Münchner Grünen (wozu ja auch Landtagsabgeordnete zählen). Der Antrag hatte insgesamt eher den Charakter einer in einen Antrag verpackten Bekanntmachung und wurde auch mit breiter Mehrheit angenommen.
Umstritten war der Antrag von Hanna Sammüller, unseren Stadträten bei dienstlichen Reisen die Verwendung des Flugzeugs grundsätzlich (mit einigen eher seltenen Ausnahmen) zu untersagen, wenn die Zugfahrt weniger als sechs Stunden dauert. Hintergrund des Antrags war der Vorschlag der Fraktion, getätigte Flüge vielmehr über Atmosfair auszugleichen – was ihr und vielen anderen nicht weit genug ging. Gestritten wurde im folgenden vor allem um die Praktikabilität des Vorschlags. Stadträte müssen wohl häufiger für Termine zum Beispiel nach Berlin, die nur wenige Stunden dauern, müssten dann aber bei einer Reise per Bahn meistens über Nacht bleiben – worauf gerade diejenigen mit Familie nicht gerade erpicht waren. Dieter Janecek stellte den Änderungsantrag, die Stundenzahl auf fünf zu reduzieren, womit wohl der größere Teil der Berlin-Fahrten aus der Schusslinie gerieten. In dieser geänderten Fassung wurde der Antrag schlussendlich beschlossen.
Es folgte der Antrag von Michael Schneider zur Informationsfreiheitssatzung. Diese wird voraussichtlich gegen Ende Juli wieder im Stadtrat diskutiert werden und stellt eine große Chance dar, für mehr Transparenz in der Stadtverwaltung zu sorgen – ein grundsätzlich anzunehmendes Akteneinsichtsrecht für alle Bürger mache deutlich, dass die Verwaltung im Dienste der Bürger stehe. Etwas diskutiert wurde der Teil des Antrags, der auch eine möglichst weit gehende Transparenz für die städtischen Betriebe (also insbesondere die MVG) fordert – kritisiert wurde, dass eine Offenlegung auch der konkreten Kostenkalkulationen einen zu großen Wettbewerbsnachteil der Betriebe bedeutete. Da dies aber so auch gar nicht gefordert wurde (und wohl auch gar nicht durchzusetzen wäre) und sich nicht zuletzt auch Florian Roth, der sich in der Stadtratsfaktion mit dem Thema beschäftigt, für den Antrag in der bestehenden Form aussprach, wurde er so belassen – und schließlich mit großer Mehrheit angenommen.
Als nächstes kam ein insgesamt eher chaotisch wirkender Tross an Anträgen und Änderungsanträgen rund um das Thema Staaten-Insolvenz, europäische Rettungsfonds und Griechenland-Hilfe. Hier hatten unterschiedliche Instanzen und Personen unabhängig voneinander Anträge vorbereitet, die sich mal mehr, mal weniger voneinander unterschieden. Die Anträge waren sich darin einig, dass für die Zukunft ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten im Euro-Raum geschaffen werden müsse. Unterschiede gab es bei der Bewertung des Grichenland-Rettungsfonds und den konkreten Forderungen für die Zukunft. Es lag natürlich etwas die Frage in der Luft, inwieweit der Kreisverband München hier überhaupt die richtige Plattform für eine derartige Diskussion sei. Tatsächlich ging es aber wohl auch gar nicht darum, mit einer Entscheidung größer etwas zu beinflussen, sondern viel mehr um den Akt der Meinungsbildung an der Parteibasis. Bei dieser Diskussion machte sich auch wegen der fortgeschrittenen Zeit eine gewisse Fluchttendenz bei den Besuchern breit; ein Antrag zur Vertagung wurde aber sehr knapp abgelehnt. Eher knapp wurde schlussendlich der Antrag von Jerzy Montag angenommen.
Als letztes Thema des Tages kam noch durch Florian Roth die Haushaltsplanung Münchens für die kommenden Jahre zur Sprache – im besonderen das beschlossene Sparpaket. Nötig sei dies, da die Einnahmen der Stadt zurückgingen, besonders in den Bereichen, auf welche die Stadt selbst keinen Einfluss habe. Insgesamt stellte er das Paket als sozial ausgewogen dar, insbesondere betonte er, dass bei der Bildung, Erziehung und vergleichbaren sozialen Einrichtungen nicht gespart werde – und durch zusätzliche Investitionen in ein Klimaschutzprogramm gezeigt werden solle, dass eine Stadt auch in einer finanziell schwierigen Zeit noch Gestaltungsspielraum hat.