Landesdelegiertenkonferenz in Bad Windsheim

Die diesjährige Landesversammlung fand vom 22. – 23. Oktober in Bad Windsheim statt – einem Kurort mit Provinzcharakter, der trotz seiner abgelegenen Lage recht schnell zu erreichen war (zumindest für uns, die 42köpfige Münchner Delegation).

Der Parteitag war im Wesentlichen eine „Arbeitsveranstaltung“, dominiert von einer Fülle an Leit- und sonstigen Anträgen, Satzungsänderungen, Initiativanträgen, usw.

Die ausführliche Liste aller Anträge bzw. Änderungsanträge gibt es nach wie vor online.

Große Themen

Drei Themen nahmen dabei besonders viel Platz ein. Erstens der Leitantrag zum demographischen Wandel (A1), dem im Rahmen des Mein-Bayern-Prozesses ein Kongress sowie ein Themenheft der Mitgliederzeitschrift grüen vorausgegangen war. Der Antrag behandelt eine umfangreiche Agenda, mit welcher dem demographischen Wandel begegnet werden soll – insbesondere der zunehmenden Verstädterung. Zu diesem Antrag gab es gleich 23 Änderungsanträge. Der größere Teil wurde zwar ohne weitere Abstimmung durch die AntragsstellerInnen übernommen – die Übersicht ging leider trotzdem viel zu schnell verloren.

Einschub: es muss ja nicht gleich Liquid Feedback / Adhocracy sein, aber irgendeine Form von Unterstützung durch technische Tools täte hier schon dringend Not. Unter anderem die Netzbegrünung macht sich dahingehend wohl auch schon Gedanken.

Umstritten war bei diesem Antrag eine Passage, die es als notwendig bezeichnete, für Ballungszentren wie München neben einer baulichen Nachverdichtung auch neues Bauland auszuweisen. Diese Passage lehnten viele – letztlich die Mehrheit – ab, ein Änderungsantrag (Ä16), der eine Beschränkung auf Nachverdichtung forderte, wurde angenommen.

Das zweite große Thema war „Peak Fossil“ – der nächsten, sich auch langsam abzeichnenden, Stufe nach Peak Oil. Das Thema wurde vor allem durch das Impulsreferat von Volker Plass aufgewertet, der es sehr anschaulich darstellte. Wer nicht dabei war: es lohnt sich auf alle Fälle, die Videoaufzeichnung davon anzusehen – oder, bis diese verfügbar ist, die Aufzeichnung eines ähnlichen Vortrags, den er zu einer anderen Gelegenheit gehalten hat.

Medien- und Netzpolitik

Besonders spannend war für mich natürlich das Thema „Digitaler Wandel“ – auch deshalb, weil der Leitantrag (A5) vom LAK Medien- und Netzpolitik erarbeitet wurde und ich dadurch mit involviert war (insb. beim Daten- und Verbraucherschutz). Ich will gar nicht weiter auf den Inhalt eingehen – es ist ein 13seitiger Rundumschlag zu praktisch allem, was mit dem Internet, und vielem, was mit den klassischen Medien zu tun hat. Interessant waren dabei vor allem einige Erkenntnisse, die ich aus den Diskussionen um den Antrag bzw. den Änderungsanträgen dazu gewann:

  • Der Antrag war zu lang für das vorhandene Zeitkontingent. Ich hatte das Gefühl, dass viele Delegierte überfordert waren von der Menge an Forderungen. Auf der Versammlung konnten dann nur sehr vereinzelte Punkte diskutiert werden, die aber sicher nicht alle Bereiche abdeckten, bei denen es Diskussionsbedarf gegeben hätte. (Das Problem war zuvor zwar abzusehen, allerdings hätte man nur schwerlich einzelne Teile des Antrags herauslösen können.)
  • Es gibt sie, die Internet-KritikerInnen, die sich wünschen, die Partei näherte sich dem Internet ähnlich kritisch wie beispielsweise der Gentechnik. Gerade der Kreisverband Rosenheim zeigte hier klare Kante. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es auch darüber hinaus vereinzelte Parteimitglieder gibt, die das ganze mit dem Internet für überflüssig halten. Dass der Antrag letztlich mit großer Mehrheit beschlossen wurde, zeigt aber auch, dass es sich dabei dann doch nur um eine Minderheit handelt – die man aber berücksichtigen und einbinden muss.
  • Das Thema Urheberrecht bleibt weiter spannend – der Graben zwischen den VertreterInnen der neuen digitalen Kreativität und denen der klassisch bildungsbürgerlichen Künste ist nicht zu übersehen. Besitzstandswahrungsreflexe, wie sie mitunter zu hören waren, bringen uns dabei aber sicher nicht weiter.
  • Auch das Thema Jugend- und Kinderschutz war umkämpft. Der Antrag propagiert vor allem Medienpädagogik, setzt klassischen Instrumentarien sehr enge Grenzen – lehnt diese aber auch nicht kategorisch ab. Besonders aggressiv wurde ein Abschnitt angegriffen, der die Möglichkeit freiwilliger Whitelists für Eltern von Kindern bis zu 12 Jahren vorsieht. Der Änderungsantrag, diesen Abschnitt zu streichen, fand keine Mehrheit.

Satzung / Finanzen

Die Satzungsänderungen waren zum größeren Teil unumstritten – die Aufnahme geschlechtergerechter Sprache ins Frauenstatut, Initiativantragsrecht für die Grüne Jugend und den Finanzausschuss, einige Regelungen über die Landesarbeitskreise, und einiges mehr.

Intensiv diskutiert wurde dagegen ein Antrag (S1), der den Delegiertenschlüssel ändern soll, also die Formel, anhand derer bestimmt wird, welcher Kreisverband wie viele Delegierte zu den künftigen Landesversammlungen schicken kann. Eine Änderung dieser Formel war dem Landesvorstand und Parteirat nach nötig, um angesichts des rasanten Mitgliederzuwachses der Partei zu verhindern, dass die Versammlung aus allen nähten platzt. Denn noch größere Hallen sind rar und unverhältnismäßig teuer. Etwas vereinfacht dargestellt ist der entscheidende Faktor dabei, auf wie viele Mitglieder ein Delegierter kommt. Bisher waren es 25. Hier gab es einige Diskussionen: die einen sahen bei einer Erhöhung dieser Zahl (und damit einer Reduzierung der Delegiertenzahl) eine weitere Abkehr vom grundsätzlich basisdemokratischen Anspruch der Partei. Die anderen wollten beim neuen Verteilungsschlüssel gezielt die kleinen Kreisverbände weiter stärken. Es blieb am Ende beim vom Landesvorstand vorgeschlagenen neuen Modell, einer Erhöhung der Zahl auf 35.

Anmerkung: bei solchen Änderungen ärgwöhnt man ja schnell, einzelne Gruppierungen wollten jeweils das beste für sich selbst herausholen. Diesen Eindruck machte die Diskussion auf mich nicht: der Antrag, nach dem kleinere Kreisverbände im Vergleich zu jetzt mehr, bzw. größere Kreisverbände anteilsmäßig weniger Stimmgewicht erhalten, wurde auch mehrheitlich von uns Münchnern unterstützt; und der Änderungsantrag, der das Gewicht noch weiter Richtung kleine KVs verschoben hätte, kam nicht von einem kleinen KV, sondern aus der Nürnberger Ecke.

Heiß umstritten war auch ein Finanzantrag (F1) des Landesvorstands/Parteirats, der die Bezirksverbände finanziell unterstützen sollte. Jeder der 7 Bezirksverbände sollte mit pauschal 2000€ im Jahr bezuschusst werden. Widerstand dagegen kam überraschenderweise aus den Reihen der Bezirksverbände selbst. Das Problem ist wohl, dass die Bezirksverbände in der gegenwärtigen Parteistruktur nahezu keine Rolle spielen und sich ihre Aktivitäten notgedrungen auf ein Minimum beschränken. Der Zuschuss stünde ohne Konzept im Raum, welche Rolle die Bezirksverbände in Zukunft spielen sollten. Um sie mit Leben zu erfüllen, müsse man zumindest eine gering entlohnten Mitarbeiter einstellen – dafür sei der Zuschuss aber wiederum viel zu gering. Bevor man also über einen Zuschuss reden sollte, müsse man überhaupt erst einmal ein solches erarbeiten. Der Antrag wurde nach der Diskussion mehrheitlich abgelehnt – es gibt demnach also bis auf weiteres auch weiterhin keine Zuschüsse.

Personen

Ich will nicht allzu viele Worte über die Personalien des Parteitags verlieren. Dass Winfried Kretschmann zu Besuch war und eine der Eröffnungsreden hielt, dass Theresa Schopper als Landesvorsitzende wiedergewählt wurde, wird ja aus der massenmedialen Berichterstattung ohnehin jeder erfahren haben. Die alles dominierende Person des Parteitags war aber ein anderer: der langjährige Schatzmeister Benedikt Mayer, der erst bei den letztjährigen Wahlen mit einer Zustimmung von genau 100% ein nahezu kommunistisch anmutendes Ergebnis einfuhr. Da er sich um das Amt als Bundesschatzmeister bewerben will, trat er leider nicht mehr zur Wahl an. Sein Nachfolger, Sascha Müller, wird in große Fußstapfen treten müssen.

Darüber hinaus ist ein Parteitag natürlich auch ein lohnenswertes soziales Event. Die Nächte sind traditionell viel zu kurz, es wird gekickert, das ein oder andere Bierchen genossen, und neue Meme gedeihen fröhlich vor sich hin… aber das will ich hier nicht mehr weiter vertiefen. Vielleicht kann ich Oma Huber dazu gewinnen, hier einmal einen Gastbeitrag darüber zu veröffentlichen.

Reise nach Straßburg vom 6.-8. April

Zu Gast bei Gerald Häfner

Die Europäische Union ist eine der wichtigsten politischen Institutionen, als Gesetzgeberin sowie als Akteurin der Weltpolitik. Trotzdem ist die Arbeitsweise der EU und weiteren europäischen Organen vielen BürgerInnen kaum vertraut. Umso aufschlussreicher sind Bildungsreisen, bei denen man sich vor Ort einen Eindruck davon verschaffen kann. Und so folgten Anfang April auch 35 Interessierte der Einladung, in einer von Matthias Gauger organisierten Reise unseren Münchner MdEP Gerald Häfner in Straßburg zu besuchen.

Dort konnten wir Gerald auch gleich in Aktion sehen: während unserer Besichtigung des EU-Parlaments fanden gerade eine ganze Reihe an Abstimmungen statt, über Anträge zur Impfung gegen die Blauzungenkrankheit bis hin zu den Lehren aus Fukushima. Eine Besonderheit beim EU-Parlament ist dabei, dass die Abstimmungen über Anträge zeitlich von den Debatten darüber getrennt sind und einmal täglich gesammelt in recht zügigem Tempo abgearbeitet werden. So wurde beispielsweise beim Reaktorsicherheits-Thema über die Änderungsanträge, von denen es mehrere Dutzend gab, ungefähr im 30-Sekunden-Rhythmus abgestimmt. Der pragmatische Grund für diese Teilung ist, dass auf diese Weise zumindest für die kurze Zeit der Abstimmungenfast alle Abgeordneten anwesend sind. Der Nachteil ist, dass es bei diesem Abstimmungsmodus fast nur den Abgeordneten selbst möglich ist, den Überblick darüber zu behalten, worüber nun gerade genau abgestimmt wird – wir als „Publikum“ hatten dagegen keine Chance, dem zu folgen. Auch sonst ist vieles am EU-Parlament ungewöhnlich: zum Beispiel das hohe Maß an Mehrsprachigkeit (alle Debatten werden simultan in 23 Sprachen übersetzt) oder die Aufteilung der Arbeit auf die Plenarsitzungen in Straßburg und die Ausschuss- und Fraktionssitzungen in Brüssel.

Im anschließenden Treffen erklärte uns Gerald Häfner zum einen Allgemeines über das Parlament, Hintergründe zu den vorigen Abstimmungen, und erzählte von aktuellen Projekten, an denen er arbeitet. Neben dem wichtigsten Projekt, der Europäischen Bürgerinitiative, befasst er sich beispielsweise mit einem Initiativberichts des Parlaments zur Finanzierung von Europaparteien und beteiligt sich an einer neuen Arbeitsgruppe, die über die Durchsetzung von Demokratie-Prinzipien bei supranationalen Institutionen berät.

Neben dem EU-Parlament besichtigten wir noch weitere europäische Institutionen: den Europarat und den ihm zugehörigen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Bei der Besichtigung des Plenarsaals stellte eine Mitarbeiterin und ein (etwas zu gezwungen auf jugendlich getrimmter) Film die verschiedenen Tätigkeitsfelder des Rats vor und machten angesichts häufiger Verwechslungen mit Nachdruck klar, dass der Europarat nicht zur EU gehört und die EU-Staaten nur einen Teil der insgesamt 47 Mitgliedsstaaten ausmachen.

Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfuhren wir über den Aufbau des Gerichts und die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine eingereichte Klage behandelt werden kann: einerseits muss die der Klage zu Grunde liegende Rechtsnorm explizit durch die Menschenrechtscharta des Europarats gedeckt sein, andererseits muss der komplette nationale Klageweg beschritten worden sein, sofern es auf nationaler Ebene eine entsprechende Rechtsnorm gibt. Die Menschenrechtsverletzung, für welche die Bundesrepublik Deutschland am häufigsten verurteilt wird, sind übrigens überlange, vieljährige Gerichtsprozesse.

Neben all den politischen Informationen gab es aber auch reichlich Zeit, die äußerst hübsche Innenstadt von Straßburg kennenzulernen – am ersten Tag auf einer Führung durch die Altstadt, an den anderen Tagen auf eigene Faust. Nicht zuletzt dank des tollen Wetters machte das Herumschlendern durch die Gassen von Straßburg unheimlich viel Spaß und rundete die drei Tage zu einer insgesamt sehr gelungenen Reise ab.

Kulturflatrate – Diskussionsrunde im Bayerischen Landtag

Am 16. November fand im Bayerischen Landtag das Fachgespräch „Kulturflatrate: Eine für alle – brauchen wir eine Pauschalvergütung im Internet?“  statt. Veranstaltet wurde es von der Grünen Landtagsfraktion, insbesondere Ulrike Gote, unterstützt wurde es vom LAK Medien- und Netzpolitik. Anwesend waren etwa 30-40 Personen (darunter auch einige Mitglieder der Piratenpartei).

Die Diskuttanten waren Konstantin von Notz (MdB), Helga Trüpel (MdEP), Gerd Handen (Rechtsanwalt für Medien- und Urheberrecht,) und Ulrike Gote (MdL), moderiert vom freien Journalisten Christian Jakubetz.

Nach der Begrüßung durch Ulrike Gote und Christian Höbusch hielt Gerd Hansen zunächst eine recht provokante Einleitung: er sieht mit der Kulturflatrate ein rechtspolitisches Fiasko auf die Grünen zukommen, ähnlich der 5DM-Benzinpreis-Forderung, rechtlich nicht durchsetzbar (das bisherige Kurzgutachten zur rechtlichen Zulässigkeit sei in manchen Punkten „abenteuerlich“), und unmöglich klar zu definieren. Die ganze Debatte sei rein akademischer Natur, und unter diesem Gesichtspunkten warnte er davor, jetzt größere Geldbeträge in ein Folgegutachten zu investieren.

Konstantin von Notz gab zwar zu, dass das Konzept der Kulturflatrate noch sehr vage ist, wies aber auch einige Kritikpunkte zurück: da das Urheberrecht an so vielen Stellen der digitalisierten Welt nicht mehr genügt, gehe ohne kein Weg daran vorbei, das Urheberrecht insgesamt anzupassen und dabei ggf. auch den Weg über die EU zu gehen – daher nütze es nichts, die Kulturflatrate auf Basis des bisherigen Urheberrechts zu kritisieren. Ein Umdenken sei aber angesichts der Umwälzungen durch die Digitalisierung, dem vierten großen Umbruch nach der Erfindung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks, unumgänglich. Er betonte aber, dass eine Kulturflatrate von den Grünen dabei nie als das Goldene Kalb verehrt wurde sondern immer nur als „eine mögliche Lösung“ angesehen wurde und dabei auch nur ein Baustein unter vielen sein könne. Auf alle Fälle könne es aber nicht sein, dass für die KundInnen durch die Digitalisierung weniger möglich sei als vorher – er hätte sich ja früher auch problemlos Songs aus dem Radio aufnehmen können. Darüber hinaus stichelte er immer wieder gegen die Musik- und Filmverwerter: der ermittelte Schaden durch unlizenzierte Kopien sei völlig übertrieben, es erscheine heute im vielmehr deutlich mehr neue Musik als früher, und die Praxis der zeitversetzten Releasetermine von internationalen Filmen sei eine Zumutung. Die vielfach konstatierte „Umsonstkultur“ sei ebenfalls nur eine leere Behauptung, vielmehr konsumierten wir uns heute fast zu Tode.

Gerd Hansen widersprach der Darstellung, die Kulturflatrate könne nur ein Baustein unter vielen sein: eine Kulturflatrate sei vielmehr ein kompletter Paradigmenwechsel, der sich insbesondere auch nicht nur über eine einfache Schrankenregel durchsetzen ließe. Er kritisierte, dass eine Kulturflatrate auch die ansonsten von Netzaffinen durchaus geschätzten Creative Commons (an der deutschen Umsetzung der CC arbeitete Gerd Hansen selbst mit) unterlaufen würde und die Diskussion um die Kulturflatrate die Aufmerksamkeit von den vielen anderen Ansätze ablenke, die es zur Verbesserung des Urheberrechts gäbe.

Helga Trüpel erzählte, dass sie früher ebenfalls angetan von der Idee einer Kulturflatrate war, nach reiflicher Überlegung aber zur Überzeugung gekommen ist, dass diese nicht umsetzbar sein könne. Sie sei nicht präzise definiert, es gäbe keine seriöse Berechnung der Kosten und keine Ideen zur Sicherstellung der Verteilungsgerechtigkeit. Sie setze viel mehr auf marktbasierte Flatrates und, hier stimmten fast alle überein, benutzerfreundlichere und weniger überteuerte Micropayment-Systeme und Contentmodelle. Weniger konsensfähig war dagegen ihre Sympathie mit dem kürzlich von ver.di geäußerten Vorschlag. Von Flattr halte sie wenig, da dies zu unfairer Verteilung führe. Grundsätzlich stimmte sie aber (auf Nachfrage eines Piraten) zu, dass überholte Strukturen der Musikindustrie nicht gerettet werden müssten.

Europäische Bürgerinitiative – Vortrag von Gerald Häfner

Beim seinem gestrigen Vortrag im Bayerischen Landtag zur Europäischen Bürgerinitiative hatte Gerald Häfner endlich einmal ausführlich Zeit, von der Bürgerinitiative, dem politische Gerangele darum und von langfristigen Perspektiven der Demokratisierung der EU zu erzählen, nachdem seine Berichte auf der Juli-Stadtversammlung und der Landesdelegiertenkonferen gezwungenermaßen eher knapp ausfielen mussten. Der Vortrag hat sich wirklich gelohnt, da er einerseits viele interessante Details und kuriose Anekdoten erzählte, das ganze aber auch in einen großen Kontext einbettete, der weltweiten Entwicklung der Demokratie in den letzten Jahrzehnten.

Die Demokratie hat in letzter Zeit riesige Fortschritte gemacht: es gibt weltweit fast doppelt so viele Staaten, die demokratische Prinzipien umsetzen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Und doch ist Demokratie etwas, auf dem man sich nicht einfach ausruhen kann – „Demokratie kann man nie wirklich haben, sondern man muss sich täglich aufs neue dafür engagieren“. Sie müsse ständig weiterentwickelt werden um die neuen Anforderungen zu meistern – das neue Format des „Schlichtungsgesprächs“ sei beispielsweise ein durchaus positives Zeichen.

Er erzählte von seinem eigenen Werdegang, der Aktionsgruppe „Kritischer Konsum“ vor vielen Jahren, dem Verein „Mehr Demokratie“ und bisherigen Versuchen, bundesweite Volksentscheide einzuführen. Er wünschte sich dabei insbesondere von den auf Bundesebene aktiven Grünen, sich wieder im gleichem Maße für den Volksentscheid zu engagieren, wie es damals zu Regierungszeiten der Fall war, als eine entsprechende Grundgesetzänderung nur knapp die 2/3-Mehrheit verfehlte. In letzter Zeit, wie zum Beispiel bei dem Vorstoß der Linken vor ein paar Tagen, fehle vor allem etwas die Ernsthaftigkeit und die Bemühungen, solche Vorhaben über Fraktionsgrenzen hinweg zu koordinieren.

Wie wichtig auch die Möglichkeit eines bundesweiten Volksentscheids nötig ist, zeigt sich auch an den Motiven, die eine Umfrage unter Stuttgart21-Gegnern für die Ablehnung ausmachte: neben allen unmittelbar projektbezogenen Argumenten sei einer der am häufigsten genannten Gründe, dass solche Entscheidungen nicht „über die Köpfe der Bürger hinweg“ getroffen werden sollen. Im Unterschied dazu sei beispielsweise der Bau des Gotthard-Basistunnels in der Schweiz, ein noch viel aufwändigeres Projekt, durch eine positiv abgelaufene Volksabstimmung gedeckt. Ironischer weise wird dieser Tunnel sein Potenzial für den europäischen Güterverkehr gar nicht voll ausfüllen können, da Deutschland den Schienen-Güterverkehr nicht ausreichend ausbaut (das Geld wird ja schließlich für den wenig Güterverkehr-tauglichen Stuttgart-21-Bahnhof benötigt).

Die Europäische Union leidet derzeit unter einem großen Demokratiedefizit, gerade weil sie extrem exekutivlastig aufgebaut sei. Das ist vor allem durch die Entstehungsgeschichte begründet: die EU basiert wesentlich auf Verträgen, die zwischen Staatschefs ausgehandelt wurden – und die sich bei der Frage der Verteilung der Macht sehr viel sich selbst in Form der Europäischen Kommission zuschrieben. Das Nachsehen hatte das Parlament (das noch nicht einmal Gesetzes-Initiativrecht hat) sowie die BürgerInnen. Gleichzeitig müsse man beachten, dass die EU unter allen supranationalen Organisationen (WTO, G20, …) wohl noch die demokratischste ist.

Im seit einem Jahr gültigen Lissabon-Vertrag sei nun erstmals eine Europäische Bürgerinitiative vorgesehen. Diese lasse in ihrem festgelegten Umfang vielfach noch zu wünschen übrig – echter Basisdemokratie entspricht sie noch nicht, gerade weil analog zur Dualität Bürgerbegehren/Bürgerentscheid in Bayern der Europäische Bürgerentscheid und somit die legislative Verbindlichkeit fehlt. Man müsse das ganze aber langfristig sehen: die Bürgerinitiative ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, und das Ziel solle sein, irgendwann auch eine „Bürgerinitiative über die Weiterentwicklung die Bürgerinitiative“ durchzuführen. Der wichtigste Vorteil der Bürgerinitiative sei, dass dadurch erstmalig etwas wie eine „Europäische Öffentlichkeit“ geschaffen wird, dass europaweit, von den BürgerInnen getrieben, über bestimmte Themen diskutiert wird.

Gerald setzt sich derzeit intensiv dafür ein, die Europäische Bürgerinitiative im Rahmen des Lissabon-Vertrags möglichst wirkungsvoll auszugestalten. Denn viele Details sind noch nicht endgültig geklärt und gerade die Kommission und der Rat zeigen hier mäßig Interesse an einer möglichst bürgerfreundlichen Ausgestaltung.

  • Während fest steht, dass mindestens 1 Mio. BürgerInnen aus verschieden Ländern an der Petition teilnehmen müssen, ist noch nicht geklärt, aus wie vielen Ländern mindestens wie viele Bürger kommen müssen. Der Spielraum geht hier von „0,05% d Bevölkerung aus mindestens 5 Ländern“ bis „0,2% aus mindestens 9 Ländern“. Gerald sieht hier gute Chancen, die Mindestzahl der Länder von 5 durchzusetzen. Bei der Mindestzahl der Teilnehmer pro Land schlägt er einen Kompromiss vor, der sich am bayerischen System der Bürgerbegehren orientiert.
  • Welche Daten muss eine Teilnehmerin angeben, um als solche zu zählen? Diese Frage ist gerade deswegen relevant, weil die Bürgerinitiative nicht wie eine Wahl im Wahllokal oder Gleichartigem stattfindet, sondern die Stimmen ganz wesentlich von Freiwilligen auf der Straße gesammelt werden – in einer solchen Situation dann noch die Personalausweisnummer herauskramen zu müssen, würde viele Interessierte wohl abschrecken. Genau um solche Voraussetzungen wird aber noch diskutiert. Es ist außerdem noch nicht sicher, ob es eine einheitliche Regelung für alle Länder geben wird, oder dies pro Land einzeln festgelegt wird (die zur Überprüfung einer Unterschrift nötigen Angaben sind pro Land äußerst verschieden). Gerald befürwortet hier ein System, in dem nur Name, Adresse und Unterschrift nötig ist, und einzelne Länder nur in begründeten Fällen mehr verlangen dürfen.
  • Umstritten ist, ob die Teilnahme an der Bürgerinitiative an das Wahlrecht gekoppelt sein soll oder nicht. Da aus einer Bürgerinitiative ohnehin keine verbindlichen Entscheidungen resultieren, setzt sich Gerald hier dafür ein, dass beispielsweise auch 16jährige bereits teilnehmen dürfen.
  • Ein kritisches Detail ist die Frage, wann eine Überprüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer Initiative stattfindet. Der bisherige Vorschlag sieht vor, dass die Zulässigkeit erst überprüft wird, wenn bereits 300.000 Unterschriften gesammelt wurden – eine reichlich skurrile Situation. Geralds Vorschlag ist, dass eine Überprüfung stattfinden soll, sobald mindestens sieben Personen aus sieben verschiedenen Ländern eine Initiative zur Prüfung vorlegen.
  • Der Zeitraum, innerhalb dessen Unterschriften gesammelt werden können, schwankt zwischen 12 und 18 Monaten.
  • Es ist noch nicht geklärt, was bei einer erfolgreichen Bürgerinitiative anschließend tatsächlich passiert, abgesehen davon, dass die Kommission diese zur Kenntnis nehmen muss. Eine Verbindlichkeit der Bürgerinitiative gibt der Lissabon-Vertrag zwar nicht her, und das Instrument eines Bürgerentscheids gibt es auch nicht. Gerald setzt sich dafür ein, dass hier anschließend zumindest ein öffentliches Hearing stattfinden muss, bei dem die Initiatoren ihre Position darstellen können. So soll zumindest die erwähnte europäische Öffentlichkeit gestärkt werden.

Daneben erzählte Gerald noch viele Anekdoten von den täglichen Hürden, die sich ihm beim Einsatz für mehr demokratische Elemente in der EU in den Weg stellen; vom zwar gut gemeinten Konvent über den Lissabon-Vertrag, der aber unter extremer Zeitknappheit litt und dann doch sehr stark von Hinterzimmerpolitik geprägt war hin zu den personellen Rangeleien um die Besetzung des Berichterstatter-Postens zur Bürgerinitiative, die mitunter schon recht skurrile Züge annahm. Symptomatisch für die ganze Gesetzgebung in der EU seien wohl die Irrungen und Wirrungen um die nötigen Angaben, um an einer Bürgerinitiative teilzunehmen. Während bei den Volksbegehren, beispielsweise bei uns in Bayern, nur Name, Adresse und Unterschrift nötig sind, hieß es auf europäischer Ebene seitens der EU-Kommission plötzlich, in Deutschland sei auch die Personalausweisnummer nötig. Auf die Frage, woher diese Aussage kam, folgte nur ein nebulöses „aus Berlin“, aber aus Sicht der Kommission war dies damit die offizielle Position der Bundesrepublik Deutschland. Er recherchierte nach, telefonierte mit verschiedenen Ministerien (Justizministerium, Innenministerium), bis er endlich die Quelle dieser Aussage fand: die Nachfrage der Kommission bei der BRD landete auf dem Tisch eines noch recht frischen Mitarbeiters im Innenministeriums, der gar nicht weiter über die Thematik Bescheid wusste und mal eben spontan antwortete, Name, Adresse und Personalausweisnummer seien nötig. Von da an war das offizielle Position Deutschlands… inzwischen wurde diese Position revidiert, aber Gerald sieht sich verständlicherweise nicht in der Lage, den selben Aufwand bei sämtlichen Mitgliedsstaaten zu betreiben – auch wenn das wohl nötig wäre…

Bericht vom 1. Netzpolitischen Kongress der Grünen Bundestagsfraktion

Dieses Wochenende besuchte ich den zweitägigen Netzpolitischen Kogress der Grünen Bundestagsfraktion, der am 12. und 13. November im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags stattfand.

Der Kongress ist gut besucht – 500 Besucher waren es mindestens, davon übrigens auch eine ganze Reihe an Piraten und Mitglieder anderer Parteien. Auch der Livestream wurde wohl aktiv genutzt, wie man an der Menge an #nk10-Tweets feststellen konnte.

Der erste, etwas kürzere Tag bestand ausschließlich aus gesetzten Keynotes und Podiumsdiskussionen, die linear angeordnet waren. Am zweiten Tag gab es außerdem parallele Workshops sowie eine ganze Reihe an Barcamps. Das Konzept eines Barcamps war vielen Teilnehmern des Kongresses noch neu – es war wohl nicht nur der erste Netzpolitische Kongress, sondern auch das erste Barcamp überhaupt, das im Bundestag stattfand. Übrigens war es angeblich auch das erste Mal (und hier wird es fast schon peinlich), dass es weit gehend flächendeckendes, wenn auch nicht gerade perfekt funktionierendes W-LAN im Bundestag (oder zumindest im Paul-Löbe-Haus) gab.

Für leckere Snacks und Kaffee war gesorgt, ihren Club-Mate mussten sich die Piraten aber wohl noch selbst durch die Eingangskontrolle „schmuggeln“. Dass jeder die Saftgläser mit zu den Stühlen nehmen konnte, war wohl kein besonders geschickter Schachzug – es dürften wohl weit über ein Dutzend zerbrochen sein, da sie wie Stolperfallen überall verteilt herum lagen…

Vorbildlich war die Barrierefreiheit des Kongresses. Auffällig war beispielsweise, dass die komplette Veranstaltung live in Gebärdensprache gedolmetscht wurde – und das Angebot wurde auch genutzt. Außerdem gab es eine Kinderbetreuung, um Eltern den Besuch einfacher zu gestalten.

Eine fast schon babylonische Verwirrung gab es bei „Du/Sie-Frage“ – während unter Parteifreunden das „Du“ üblich ist, wurde es hier bei einem großen Teil der Veranstaltungen immer wieder aufs Neue verhandelt, ob man nun beispielsweise Peter Schaar duzen kann oder nicht.

Erwähnenswert ist auch der für eine netzpolitische Veranstaltung recht ungewöhnliche Ausklang der Veranstaltung: im „Zapata“, einer alternativen Bar, heruntergekommen wirkend, verraucht (auch, aber nicht nur Tabak), und ohrenbetäubender aber ansprechender Livemusik. Kurz: die angekündigte „Party“ war tatsächlich eine. 🙂

Eröffnung

Nach einer kurzen Eröffnung durch Konstantin von Notz hielt erst einmal Renate Künast eine Rede über die Bedeutung des Internets. Das Internet hat in den letzten 20 Jahren die gesamte Gesellschaft verändert, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden und hat vor allem ganz wesentlichen Einfluss auf den politischen Prozess. Wo es in den Gründungszeiten der Grünen noch als ehrgeizig galt, eine Demo innerhalb von 6 Wochen aufzuziehen, sei dies heute mitunter schon an einem Tag möglich, wenn das Thema emotional genug ist. Sie forderte ein „Informationsfreiheitsgesetz 2.0“, also Fortschritte in Richtung Open Data. Auch Hartz IV-Empfänger müssten ein Anrecht auf Internetzugang haben und der Verbraucherschutz im Netz müsse gestärkt werden. Sie zeigte Sympathien für die Idee des Datenbriefs des CCC, der Idee des digitalen Radiergummis teilte sie, wie auch der VDS und den Netzsperren eine klare Absage („wie Tipp-Ex auf dem Bildschirm…“).

Man merkte ihrer Rede aber auch an, dass sie sich in dem ganzen Thema nicht so ganz heimisch fühlte. Und mit dem Bild von der „Verrauchten Hafenkneipe“, als die sich manche das Internet wünschten, hat sie wohl verschiedenen Tweets zufolge ein neues Meme ins Leben gerufen…

Internet und Gesellschaft

Es folgte ein Vortrag von Saskia Sassen, einer Soziologie-Professorin an der Columbia University in New York. Sie sprach darüber, wie moderne Gesellschaften lose verknüpfte soziale Gefüge hervorbringen und wie hier Netzwerktechnologien genutzt werden können, die Gesellschaft voran zu bringen. Insbesondere sah sie Möglichkeiten, Techniken gerade der Finanzindustrie durch Arme und Machtlose (sie hatte hier vor allem Slums in Mega-Cities im Auge) zu übernehmen.

Der Vortrag war zwar recht engagiert und ihr ständiger Wechsel zwischen Englisch und Deutsch war nett anzuhören, aber leider hatte ich mitunter das Gefühl, dass dem Vortrag etwas das Konkrete, die Kernaussage fehlte.

Urheberrecht

Sehr spannend war der Vortrag von Prof. Reto Hilty vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum. Er stellte überzeugend dar, wie das Urheberrecht in der gelebten Form vor allem den Verwertern, weniger aber den Urhebern selbst nützt, und der Ehrlichkeit halber eher wie der utilitaristische Ansatz wie das anglo-amerikanische Copyright behandelt werden sollte. In seinen Augen behindert das Urheberrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung in vielfacher Weise den freien Wettbewerb, mit all den negativen Folgen, die sich aus einem Marktversagen ergeben. Firmen, die sich keinem Wettbewerb stellen müssen, hielten unflexibel an veraltenden Geschäftsmodellen fest. Die Musikindustrie betrieb beispielsweise lange ausschließlich Besitzstandwahrung durch Ausweitung der Schutzrechte und Einführung von DRM. Gegen Leistungsschutzrechte sprach er sich nicht grundsätzlich aus – insbesondere zeigte er ein gewisses Verständnis für den Verdruss der Zeitungsverleger, denen durch Angebote wie Google News ertragreicher Traffic entzogen würden. Problematisch an Leistungsschutzrechten sei aber, dass diese den Verwertern noch mehr Macht zuspielen – durch gängige Total-Buy-Out Verträge seien diese ohnehin bereits in einer zu starken Position. Noch viel schlimmer als bei Musik, Film oder Zeitungen wirkt sich dieses bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus. Wissenschaftler, deren Erfolg sich häufig anhand der Veröffentlichungen in angesehenen Publikationen bemisst, seien quasi gezwungen, Exklusivverträge einzugehen, die sie häufig sogar davon abhalten, ihre Forschungsergebnisse auf ihrer private Website zu veröffentlichen. Auf der anderen Seite hätten Bibliotheken und Universitäten keine andere Wahl als die dann zu überhöhten Preisen angebotenen Publikationen zu kaufen. Hier plädierte Hilty wieder für Maßnahmen, die für mehr Wettbewerb sorgen sollten – insbesondere sprach er sich für die Möglichkeit einer Zwangslizenzierung aus, wie es sie bei Verwertungsgesellschaften wie z.B. der GEMA derzeit gibt.

Bei der anschließenden Diskussionsrunde kritisierte der Hamburger Justizsenator Till Steffen die gängige Abmahnpraxis, die im besonderen Maße zum Akzeptanzverlust des Urheberrechts geführt hat. Das Urheberrecht sei viel zu undifferenziert, da es ein schnell mal angefertigtes Foto auf gleiche Weise wie einen aufwändig produzierten Film behandele. Es stößt außerdem bei der verbreiteten Remix-Kultur an seine Grenzen und sorgt in seiner strengen Auslegung mit den Schutzrechten unter anderem dazu, dass heute „Brecht toter als Schiller“ ist. Künstler sollten auf alle Fälle weiter entscheiden können, ob ein Werk veröffentlicht werden soll – aber auf das „wie“ solle es künftiger weniger Einfluss geben.

Zum Abschluss des Urheberrechts-Blocks und zum Ausklang des ersten Tages unterhielt sich Claudia Roth noch auf recht lockere Weise mit dem Musikproduzenten Prof. Tim Renner über die heutigen Möglichkeiten für Musiker, von ihren Werken zu leben. Für sehr kleine Bands bietet das Internet sehr gute Möglichkeiten, sich überhaupt erst einmal eine gewisse Bekanntheit aufzubauen. Auch die großen Stars könnten heute viele Tätigkeiten selbst in die Hand nehmen und ihre Position gegenüber den Labels so stärken. Sehr schwierig sei es dagegen für kleinere Bands, die zwar schon von ihrer Musik leben wollen, aber auch keine großen Stars sind. Im Gegensatz zu letzteren, die für einen Auftritt in einer Olympiahalle leicht mal eben 150€ verlangen könnten, haben sie größere Probleme als früher, auch bei nur 15€ Eintritt noch genügend Besucher zu bekommen. Künstler müssten sich daher stärker auch kaufmännisch in eigener Sache betätigen und häufig in mehreren Bands gleichzeitig mitwirken, um davon leben zu können. Auf der anderen Seite gäbe es heute zwar weniger Indie-Labels als früher, diese begriffen sich aber stärker als reine Dienstleister für ihre Künstler – ein durchaus positiver Trend.
Besonders schön war das Gespräch, da Claudia Roth mit ihrer früheren Band „Ton Steine Scherben“ ja selbst einen vergleichbaren Hintergrund hat und das ganze daher häufig einen fast schon nostalgischen Beigeschmack bekam.

Geschäftsmodelle

Markus Beckedahl stellte in seinem Vortrag über „Offene Geschäftsmodelle im Internet“ zunächst offene Lizenzen vor, insbesondere die Creative Commons. Dann erzählte er von vielen Beispiel, bei denen sich durch die Nutzung des Internets und seines offenen Charakters neue Geschäftsmodelle ergaben. Früher gab es mit SuSE, Redhat etc. käufliche Linux-Distributionen – heute wird über Open-Source-Software eher über maßgeschneiderte Dienstleistungen Geld verdient. Magnatude verdient viel über Musik-Pauschallizenzen an Filmproduzenten, der MakerBot sei ein neues Konzept, das über seine offenen CAD-Daten Kreativität fördere, das Diaspora-Projekt sei ein erfolgreiches Beispiel für Crows-Funding und Cory Doctorow stelle seine Bücher auch unter einer CC-Lizenz online, was seinen Erfolg eher nütze als schade.

Christian Kroll stellte sein eigenes Projekt vor, die Suchmaschine Ecosia. Diese bezieht ihre Suchergebnisse von Yahoo und Bing!, finanziert sich über Werbeeinblendungen wie bei Google, nutze die Gewinne aber dafür, um ein Regenwald-Projekt des WWF zu unterstützen. Er sieht seine Firma damit als Mittelding aus kommerzieller Firma und gemeinnütziger Organisation.

Datenschutz

In „Welches Update braucht der Datenschutz?“ sprach der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar über die neuen Herausforderungen für den Datenschutz. Von dem Vortrag bekam ich leider nur wenige Teile mit, da ich in andere Gespräche vertieft war… Er verteidigte zumindest auch seinen zuletzt eingeschlagenen pragmatischen Kurs in der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, eine Mini-VDS von ein bis zwei Wochen zu fordern, die dann ein weiteres Verfahren wie Quick Freeze ermögliche. Er verteidigte diese Forderung vor allem damit, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Vorratsdatenspeicherung einfach nicht mehr zu verhindern sei und er dann lieber darauf hinwirke, dass unter diesen Voraussetzungen noch eine möglichst gute Lösung zustande käme, als mit einer kompletten Ablehnung zwar ein reines Gewissen zu haben, aber letztlich nichts zu bewirken.

Grundgesetz

Als eines der Highlights des Kongresses wird wohl allgemein die Keynote von Prof. Susanne Baer angesehen, die zum Thema „Braucht das Grundgesetz ein Update?“ referierte. Sie wurde gerade vor ein paar Tagen erst als Richterin zum Bundesverfassungsgericht berufen, was es für sie wohl um einiges heikler machte, über mögliche Unzulänglichkeiten zu sprechen. Aber sie argumentierte ohnehin sehr präzise, warum das Grundgesetz recht gut gut geeignet ist, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, gerade weil es eben nicht alles bis ins Detail regeln will, sondern vielmehr ein Framework bereit stelle, auf dessen Basis die konkretere Gesetzgebung und Rechtsprechung arbeiten könne. Ein kritischer Punkt sei aber die Frage, inwieweit das Grundgesetz verhindern könne, dass ein „Netz-Prekariat“ entstehe, sich der Digital Divide zwischen den Altersgruppen, den Einkommensschichten und verschiedenen Regionen noch verstärke. Sollte das Grundgesetz nicht gleiche Teilhabechancen sicherstellen können, bräuchte es möglicherweise in der Tat ein Update. Kurz sprach sie auch über Gefahren im Internet, wobei sie vielfach darauf hinwies, dass die Thematisierung der Probleme vor allem ihrer Tätigkeit als Juristin geschuldet sei – eigentlich müsse sie nach jedem Satz mindestens einmal „Das Netz ist super!“ rufen, um es angemessen zu würdigen. Trotzdem bestand sie darauf, auch nach einiger kritischen Nachfrage durch Jörg Tauss, dass das Internet nicht ausschließlich ein neutrales Abbild der Wirklichkeit sei, sondern (in Anlehnung an „The medium is the massage“) wie jedes Vermittlungsmedium auch in seiner Funktion als Medium Einfluss auf die transportierten Inhalte hätte. Die Anonymität sorge mitunter für einen raueren Umgangston, das Grundgesetz müsse aber trotzdem für Gewaltfreiheit sorgen. Das Grundgesetz wolle die Freiheit des Einzelnen sicherstellen – stütze sich dabei aber nicht auf den anarchischen Freiheitsbegriff, auch nicht den Neoliberalen, sondern auf eine sozial situierte Freiheit.

Demokratie und Internet

In mehreren Vorträgen und Workshops wurde der Themenkomplex Open Data und Open Government behandelt – insbesondere wurde deutlich gemacht, worin der Nutzen an Open Data liegt, einem Konzept, das vielen noch wenig bekannt ist (wo wir hier in Bayern ja als eines der letzten Bundesländer noch nicht einmal ein landesspezifisches Informationsfreiheitsgesetz haben). Wichtig ist, dass verschiedenste Daten aktiv von den Behörden veröffentlicht werden (nicht nur auf Einzelfallbasis, wenn BürgerInnen explizit nach diesem einen Datenset fragen) und diese in standardisierter maschinenlesbarer Form kosten- und diskriminierungslos veröffentlichen. Ab dann kann die Kreativität der BürgerInnen dafür sorgen, dass Anwendungen aus diesen Daten entstehen, an die man sonst gar nicht gedacht hätte – in anderen Ländern entstanden beispielsweise kleine, praktische Handy-Apps, die die jeweils nächste öffentliche Toilette, den nächsten Briefkasten etc. anzeigen. Um solche Anwendungen zu fördern, scheinen sich Wettbewerbe wie das aktuelle „Apps 4 Berlin“ gut zu eignen – wobei die Bekanntheit solcher Aktionen noch zu wünschen übrig lässt (eine Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses im Publikum wusste bis dahin beispielsweise noch gar nichts von dem Projekt; mir selbst war neu, dass in München auch etwas in diese Richtung geplant ist). Neben solcher (häufig vor allem auf kommunaler Ebene) praktischer Anwendungen sorgen offene Daten natürlich auch für mehr Transparenz und einem höheren Maß an öffentlicher Kontrolle – als positives Beispiel wurde hier eine Aktion des Guardians dargestellt, der die Spesenabrechnung der Abgeordneten veröffentlichte, tausende an Seiten, und in dem die Bürger in einer „Crowd-Sourcing-Aktion“ viele Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden.

In dem Diskussionspanel „Demokratie und Internet“, in dem unter anderen Jürgen Trittin und Annette Mühlbeck von ver.di diskutierten, ging es vor allem um die Chancen von ePartizipation. Diese kann für eine höhere Legitimation der politischen Entscheidungen sorgen, wenn möglichst viele Bürger möglichst frühzeitig beteiligt werden. Allerdings berge eine ausschließliche Ausrichtung auf Partizipation über das Internet auch die Gefahr, dass vor allem diejenigen Bevölkerungsschichten wahrgenommen werden, die sich überdurchschnittlich gut im Internet artikulieren können – es muss unbedingt sichergestellt werden, dass auch die weiterhin vorhandenen Offliner Gehör finden. Recht harsche Kritik übte Annette außerdem noch an den bestehenden Form von ePartizipation, insbesondere an der ePetition des Deutschen Bundestags – diese stelle de facto eine nicht akzeptable Abschaffung des Datenschutz dar.

Café

Politische Bildungsreise – Besuch bei Jerzy Montag vom 27. – 30. Oktober

Nach der leider geplatzten Reise zum EU-Parlament im September hatte ich mich dazu entschlossen, der Einladung in der Grünen Wochenübersicht zu einer Bildungsreise nach Berlin zu folgen. Geladen hatte Jerzy Montag, organisiert wurde die Reise von Sebastian Weisenburger und, wie bei solchen Reisen nach Berlin üblich, das Bundespresseamt. Letzteres übernahm dabei auch die Finanzierung und, das muss man anerkennen, es lässt sich dabei nicht lumpen: Abgesehen von einem geringen Eigenbeitrag von 20 EUR übernahm es die komplette Fahrt, die Kosten der Hotel-Doppelzimmer, der Verpflegung vor Ort (hauptsächlich wirklich sehr gute Buffets) sowie die Führung.

Die Reisegruppe bestand aus etwa 50 Personen, wobei das Angebot offenbar überwiegend von SeniorInnen genutzt wird. Einige JournalistInnen und StudentInnen waren dabei, für mich überraschend wenig bekannte Gesichter aus der Partei.

Der erste Tag der Reise war geprägt vom Konflikt um die Laufzeitverlängerung. Schon bei der Stadtrundfahrt am Vormittag waren an verschiedenen Stellen in Berlin Protestaktionen zu sehen: Greenpeace demonstrierte gerade vor der CDU-Zentrale, eine Kundgebung am Brandenburger Tor, und schließlich die große Demonstration vor dem Bundestag. Dort hatten wir Glück im (wenn man den traurigen Anlass bedenkt) Unglück: die Bundestagsdiskussion um die Laufzeitverlängerung hatte sich unvorhergesehener weise so weit in die Länge gezogen, dass wir die persönlichen Stellungnahmen der Abgeordneten zu diesem hoch spannenden Thema noch live miterleben konnten. Diese Möglichkeit der persönlichen Stellungnahmen nahmen hauptsächlich die Abgeordneten unserer Fraktion wahr – auch von der SPD kamen gute Statements. Besonders erwähnenswert ist dabei der hitzige Auftritt von Marco Bülow (der mir durch sein selbstkritisches Buch „Wir Abnicker“ bereits ein Begriff war), der sich um ein Haar mit Kauder geprügelt hätte…

Das anschließende Gespräch mit Jerzy Montag wurde dadurch leider auf wenige Minuten gestaucht; dass ihm die Abstimmung über das Gesetz wichtiger war als der Termin mit unserer Gruppe, sei ihm (gerade noch so 😉 ) verziehen. Dafür gab es anschließend noch ein gemeinsames Sight-Seeing und ein Gruppenfoto auf der Reichstagskuppel.

Ein unerwartetes Highlight war der Besuch bei der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb). Nach einer kurzen Erklärung über die Aufgaben des Instituts referierte ein Mitarbeiter äußerst fachkundig über Migration, besonders über die zurzeit intensiv diskutierten Probleme mit der Integration. Ohne Beschönigung oder Schwarzmalerei stellte er die Erfolge des „Integrationsweltmeisters“ Deutschland dar (seit ’45 seien über 25 Mio. Menschen eingewandert), die Probleme, und rückte nebenbei vieles in ein neues Licht (so sei beispielsweise gerade die CDU „die Multi-Kulti-Partei“ – die meiste Einwanderung habe es unter CDU-geführten Regierungen gegeben). Er ging dabei besonders auf die Situation in Berlin ein, und stellte gerade am Beispiel Neukölln dar, wie sehr viele der heute existierenden Probleme (hohe Arbeitslosigkeit, kriminelle Banden) durch schlechte bzw. nicht existierende Integrationspolitik hausgemacht sind. An Hand dem Verlauf der öffentlichen Diskussion wies er auf eine seiner Meinung nach schleichende Entsolidarisierung der Gesellschaft hin und warnte vor dem Reflex, in Krisenzeiten nach Sündenböcken zu suchen (beispielsweise wenn in Zeiten der Finanzkrise ein besonders Migranten-kritisches Buch gerade von einem Banker geschrieben wird…)

Eher mäßig interessant war der Besuch beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (bpa), das vorher seitens der bpb noch als „die eigentliche Propagandaorganisation der Bundesregierung“ angekündigt wurde. Abgesehen von der natürlich sehr tollen Arbeit in der Durchführung solcher Bildungsreisen und der Veröffentlichung von Informationsbroschüren und Online-Magazinen beschränkt sich die Arbeit vor allem darin, die Nachrichten der sieben größten Nachrichtenagenturen auszuwerten und für die Kanzlerin (sie bekommt vom bpa ~50 SMS zwei Kanzlerinnenmappen pro Tag) und verschiedene Minister persönlich aufzubereiten. Größer eigenständige Recherche betreibt das Amt dabei nicht. Aufgefallen ist mir beim bpa aber, dass hier die Sprache so gut wie in keiner anderen besuchten Einrichtung durchgegendert war.

Neben den politischen Einrichtungen besuchten wir natürlich auch mehrere Museen und Denkmäler: das Dokumentationszentrum Topografie des Terrors (dank der Führung war diese Ausstellung über die NS-Täter höchst interessant. Ohne Führung wäre die Ausstellung wohl eher sehr trocken gewesen), das umstrittene, meiner Meinung nach aber sehr beeindruckende Denkmal der ermordeten Juden Europas und die Gedenkstätte Berliner Mauer.

Ein herzlicher Dank geht an Sebastian fürs Organisieren und unsere Reiseführerin vor Ort, die zwar mitunter etwas genervt wirkte, uns aber drei hoch spannende Tage mitbeschert hat.

Landesversammlung in Würzburg

Am 23. und 24. Oktober war sie endlich, die lang erwartete Landesdelegiertenkonferenz. Lang erwartet deshalb, weil die Wahlen der Münchner Delegierten ungewöhnlich früh stattfanden und man nach der Wahl (siehe meinen früheren Blog-Eintrag dazu) gute drei Monate Zeit zur Vorbereitung auf die Konferenz hatte.

Vorbereitungen

Die beiden Hauptanträge der Versammlung hatten eine recht lange Vorlaufzeit und wurden im Vorfeld bereits intensiv diskutiert:

  • Der wachstumskritische Antrag „Besser ist mehr“ geht unter anderem auf den ersten „Zukunftskongress“ in Fürth zurück, in dem die Wachstumsfrage diskutiert wurde. Verschiedene Arbeitskreise steuerten Textbausteine bei, die vom Landesvorstand in eine erste Rohfassung des Antrags zusammengefasst wurden. Wieder berieten verschiedene Arbeitskreise darüber, reichten wie viele andere in einem offenen Antragstool Kommentare ein (was in dieser Menge wohl bereits zu einem kleinen Änderungs-Chaos führte). Der daraus resultierende Antrag (A1) wurde unter anderem in einigen Ortsverbänden diskutiert. Bis zur Konferenz gab es 9 formale Änderungsanträge, die zum Teil auch wieder revidiert wurden; einige davon flossen in eine weitere Revision des ursprünglichen Antrags (A1neu) ein, über andere musste dann auf der LDK tatsächlich abgestimmt werden.
  • Der zweite Antrag, zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche, hatte etwa zwei Jahre Vorlauf. Anlass waren die harschen Reaktionen der Presse und politischen Konkurrenz auf den damaligen Beschluss über religiöse Symbole, die wohl für manche noch ein kleines Trauma darstellen. Es wurde eine Kommission eingerichtet, die über zwei Jahre hinweg verschiedenste Gruppierungen und Strömungen anhörte und schließlich systematisch die konsensfähigen Positionen innerhalb der Partei darlegte und die Konfliktstellen benannte. Der Antrag diente hier hauptsächlich dem Zweck, sicherzustellen, dass der angefertigte Kommissionsbericht auch tatsächlich der in der Parteibasis mehrheitlich vorhandenen Meinung entspricht. Dazu wurde er auch in mehreren Veranstaltungen wie z.B. Ortsverbands-Sitzung vorab diskutiert. Es gab auch noch drei weitere Anträge zu diesem Thema, die teils eine deutlich schärfere Gangart gegenüber der Kirche forderten oder das Thema gar nicht zur Entscheidung bringen wollten – es war abzusehen, dass sich dieser Antrag durchsetzen würde, weswegen sich auch die 7 Änderungsanträge auf diesen bezogen.

Neben der inhaltlichen gab es aber natürlich auch rein organisatorische Vorbereitungen – Zug-Gruppen-Tickets besorgen, Hotelzimmer buchen… hier engagierten sich Petra vom Stadtbüro aus und Julian sehr hilfsbereit.

Eindrücke

Die Versammlung fand im Congress Centrum Würzburg statt – einem recht edlen Veranstaltungsforum, das aber beim Catering (und mutmaßlich auch der Miete) nicht gerade auf Dumpingpreise setzt. Es gab neben dem großen Saal einige kleinere Workshop-Räume (in denen wir am Freitag die Sitzung des LAK Medien- und Netzpolitik hatten) und ein Foyer mit einigen Ausstellern. Leider hatte ich keine Zeit, mir sie genauer anzuschauen, da die Konferenz wirklich praktisch die komplette Zeit in Anspruch nahm: am Samstag von 11:00 bis etwa 19:00 Uhr, am Sonntag von 9:00 bis etwa 15:00 Uhr. Wohlgemerkt durchgehend ohne Mittags- oder sonstige Pausen. Da sich bei jedem irgendwann mal der Magen meldet und die ganze Konferenz ja auch eifrig zum Netzwerken benutzt wird, war das Foyer auch während der eigentlichen Versammlung immer recht belebt – und der Saal wechselhaft voll besetzt.

Eine wohl noch recht neue, aber schon lieb gewonnene Tradition der bayerischen Landesversammlungen ist das „Yeaahh!-Bingo!“: aus einem am Vortag erstellten Pool an Reizwörtern und Phrasen bekam jede Delegierte einen Zettel mit 25 zufällig ausgewählten Begriffen vorgelegt, mit der Aufforderung, laute Yeaahh! zu rufen, wenn fünf in der Reihe abgehakt sind. Es dauerte höchstens eine Stunde, bis der Gewinner feststand – und Claudia Roth damit einmal mehr bei ihrer Rede unterbrach (bereits auf der letzten LDK traf es sie, damals noch völlig überraschend; unter http://vimeo.com/7876517 sieht man die damalige Szene, etwa bei 24:10 min).

Lobenswert ist die technische Begleitung durch die Netzbegrünung: das W-Lan hatte durchgängig funktioniert (was ja selbst beim CCC nicht selbstverständlich ist), der Livestream wohl auch fast (am Sonntag kam wohl jemand auf die Idee, das Equipment einfach auszustecken um stattdessen sein MacBook aufzuladen). Die Zahl der Teilnehmer, die live twitterten, war recht überschaubar – dafür hatte ich auf diese Weise auch neue Leute kennengelernt.

Das mediale Interesse war mittelgroß: die Vertreter insbesondere des Bayerischen Rundfunks huschten ständig hin und her und filmten – noch nicht ganz schlimm, aber schon genug, um gelegentlich durchaus zu nerven. Es ist zumindest recht störend, wenn Interviews mit den Bundestagsabgeordneten mitten in den vorderen Sitzreihen durchgeführt werden – während die eigentliche Versammlung weiter läuft.

Ablauf

Die Versammlung begann mit einem Gedenken an den verstorbenen Fraktionsvorsitzenden Sepp Daxenberger in Form eines Films und mehrerer Reden.

Es folgte eine Debatte zum Thema „Grünes Wachstum“ mit einigen gesetzten Redebeiträgen aus der Landtags-, der Bundestags- und der Europafraktion sowie der Grünen Jugend. Daneben gab es mehrere ausgeloste Redebeiträge. Es war bei der Debatte auffällig, dass sich hier hauptsächlich die verschiedenen Abgeordneten zu Wort meldeten. Das war insofern interessant, als dass man hier mal viele Abgeordnete sah und ihr jeweiliges Themengebiet kennenlernte, mit denen man sonst kaum etwas zu tun hat (z.B. fand ich die Reden von Uwe Kekeritz aus Fürth besonders interessant). Andererseits hatte das ganze dadurch mehr den Charakter einer Vortragsreihe denn einer klassischen kontroversen Diskussion. Das ist im Prinzip in Ordnung – zumindest im Nachhinein wäre es aber angesichts der Zeitknappheit zum Schluss hin meiner Meinung nach besser gewesen, diesen Punkt zugunsten kontroverserer Themen etwas zu straffen.

Die Diskussion um den „Leitantrag Wachstum“ wurde durch ein Referat des Berliner Senators Reinhard Loske eingeleitet, der einen recht breiten Überblick über die gesamte Wachstumsdebatte lieferte – sowohl über die vielen verschiedenen Themenfelder (Steuern, Indizi, Soziale Innovationen, Rebound-Effekt, …) als auch über die Historie der Debatte. Der Antrag genoss sehr hohe Zustimmung, daher war die anschließende Diskussion recht einfach und er wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Etwas umstrittener waren die verschiedenen Anträge zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Aber auch hier setzte such der Antrag des Landesvorstands klar durch. In der Frage zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen gab es keine Entscheidung – wobei sich hier nach meiner persönlichen Wahrnehmung wohl die Gegner eines Verbots klar durchgesetzt hätten.

Weitere Anträge, die behandelt wurden:

  • Inklusion als Thema für eine der folgenden Konferenzen im Rahmen des „Mein Bayern“-Prozesses.
  • Ohne Frauen geht nichts!“ – ein Antrag, der eine ganze Reihe an Forderungen aufstellte, welche die Stellung der Frau verbessern sollen. Die meisten der Forderungen waren unstrittig, nur zur Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten gab es Gegenstimmen. Hier muss ich aber kritisch anmerken, dass ich den Umgang mit dem Gegenredner, auch wenn ich seine Position nicht teile, alles andere als fair empfand – er wurde regelrecht ausgepfiffen.
  • Der Antrag zur Begrenzung der Amtszeit von Bürgermeistern wurde nicht ganz in der ursprünglichen Fassung beschlossen. Der Antrag war wohl auf einen konkreten Einzelfall zurückzuführen. Stattdessen wurde das Anliegen an verschiedene Parteigremien weiterverwiesen.
  • Gerald Häfner (MEP) stellte die Europäische Bürgerinitiative vor und forderte (und bekam) ein klares Votum der Basis für eine möglichst bürgerfreundliche Ausgestaltung.
  • Die Grüne Jugend stellte (mit einer kleinen Bühnenperformance) die Probleme mit dem aktuellen Schulnotensystem vor und forderte in einem Antrag ein Bekenntnis zu individuelleren Bewertungssystemen.
  • Zwei Anträge befassten sich mit den ländlichen Räumen Bayerns: generell sollten ländliche Räume gefördert werden, und insbesondere das Gesundheitssystem in diesen Bereichen soll verbessert werden.
  • Außerdem wurde eine Stärkung der Gewerbesteuer zur kommunalen Wirtschaftssteuer gefordert. Es gab zwar auch Kritik an der Gewerbesteuer, gerade weil es sich dabei auch um eine konjunkturabhängige Steuer handelt, der Antrag wurde trotzdem beschlossen.

Der zweite Tag bestand vor allem aus Gremienwahlen. Dieter Janecek bewarb sich (ohne Gegenkandidaten) erneut als Parteivorsitzender und wurde mit gut 90% Zustimmung wiedergewählt.

Noch deutlicher war die Wiederwahl des Schatzmeisters Benedikt Mayer: er wurde mit exakt 100% Zustimmung wiedergewählt und war damit wohl der der größte Gewinner der ganzen Wahlen. Nicht nur aufgrund seines sympathischen Humors („Mist, jetzt kommt raus, dass ich mich auch selbst gewählt habe“), sondern natürlich vor allem wegen der recht soliden Buchführung und Haushaltsplanung, die er zuvor recht vorstellte.

Umkämpft war der Parteirat, für den es mehr als doppelt so viele BewerberInnen gab als Plätze. Im Ergebnis setzt sich der neue Parteirat aus 12 Mitgliedern zusammen, die wohl recht gut über die verschiedenen Regionen Bayerns und die verschiedenen Betätigungsfelder (Grüne Jugend, Landtag, Bürgermeister, …) verteilt sind.

Viele weitere Gremien hatten das Problem, dass es tendenziell zu wenig BewerberInnen für sie gab und sie nur durch spontane Bewerbungen überhaupt voll besetzt werden konnten. Ich für meinen Teil habe das Gefühl, dass das mitunter daran liegt, dass die Arbeit vieler Gremien vergleichsweise unbekannt ist. Vom Länderrat hatte ich beispielsweise erst im Rahmen der Vorbereitung auf diese LDK erfahren, obwohl dieser offenbar durchaus eine wichtige Rolle innerhalb der Partei hat. Bei den verschiedenen finanzbezogenen Posten (SchatzmeisterIn, Rechnungsprüfung, Bundesfinanzrat) überrascht mich das geringe Interesse leider weniger – beim Animexx ist die Situation ja nicht viel anders.

Die sonst sehr positive Bilanz der Landesversammlung wurde leider zum Schluss durch einen recht unschönen Misserfolg getrübt: es standen noch zwei Satzungsänderungsanträge an, einerseits zur geschlechtergerechten Sprache, andererseits zum Frauenstatut – also zu Herzensangelegenheiten der Partei. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit waren aber schon so viele Delegierte abgereist, dass der Versammlung die Beschlussunfähigkeit drohte – die Abstimmung musste auf eine andere Landesversammlung verschoben werden. Ärgerlich, gerade weil der Antrag eigentlich bereits am Vortag behandelt werden hätte sollen.

Protokoll: Hep Monatzeder zur Radverkehrspoltik

Ort: Augustiner Bürgerheim, Westend
Zeit: 5. Oktober 2010, 19:00 Uhr
Ehrengäste: Hep Monatzeder und Max Leuprecht

1) Begrüßung

  • Durch Anna Hanusch. Sie spricht die angedachte intensivere Zusammenarbeit zwischen ADFC und den Bas an.
  • Durch Roland Petrik. Er spricht die angedachte Internetplattform an.

2) Vortrag von und Diskussion mit Hep zur Radverkehrspolitik

  • Zu der Rad-Reklamations-Seite aus Wien erwähnte er, dass er vor kurzem erst in Wien war und den Grünen down beim Wahlkampf half; was den Radverkehr selbst angeht, sind die Wiener eher neidisch auf München.
  • Der Anteil des Radverkehrs hat in München in den letzten 1-2 Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen: 1996 war es 6%, 2002 schon 11%, 2010 dann 14%. Das ursprüngliche Ziel von 15% bis 2015 wurde auf 17-20% nach oben korrigiert.
  • Vorbild ist Kopenhagen (40%) und Amsterdam (36%).
  • Insgesamt gab es in zehn Jahren etwa 18 Mio. Investitionen in den Radverkehr. Nicht mit eingerechnet: Instandhaltungsmaßnahmen und Aufwertungen, die Teil einer größeren Umbaumaßnahme waren (z.B. Petueltunnel).
  • Die erste Fahrradstraße war die Wittelsbacherstraße. Inzwischen gibt es 17 davon, 20 weitere werden geprüft.
  • Neues Wegweisungssystem, das nebenbei auch Fußgängern Vorteile bringt.
  • Der Radelclown bringt bei aller negativen Publicity immerhin das Thema immer wieder auf die Agenda…
  • Es war ein langer Kampf, um Radl-Gegenverkehr in Einbahnstraßen durchzusetzen – anfangs standen regelrechte Horrorszenarien im Raum.
  • Eindringlich rief er dazu auf, Rücksicht auch bei Radlfahrern einzufordern. Dies sei besonders wichtig, da die meisten schweren Unfälle in München zwischen Radfahrern und zwischen Radfahrern und Fußgängern passieren.
  • Mehr Stellplätze müssen geschaffen werden – nur bei der Umwandlung von Parkplätzen in Fahrradstellplätze gibt es häufig irrationalen Widerstand.
  • Ein besonderes Nadelöhr ist die Lindwurmstraße. Lösungen wie in Kopenhagen, wo in vergleichbaren Straßen keine Parkplätze sind, dafür der Geh- und Radlweg breiter ist, sind hier politisch sehr schwer durchzusetzen.
  • Es gibt viele Überlegungen, wie man die Trasse Odeonsplatz-Rindermarkt befrieden könnte, auch für die Straßen in der Nähe (insb. Sparkassenstraße) gibt es verschiedene Ideen.
  • Die „Leuchtturmprojekte“ sind die Lindwurmstraße, Brienner Straße, Kapuziner Straße, Rosenheimerstraße.
  • Der ADFC betont, dass der bauliche Radweg keinesfalls das Nonplusultra ist. Objektiv gesehen sei der Radweg zumindest nicht sicherer als das Fahren auf der Straße. Bei besonders engen Radwegen ist die Unfallgefahr evtl. eher noch höher. Ein Verzicht auf die Nutzungspflicht des Radwegs wird daher gefordert, wo möglich.
  • Das KVR prüft derzeit die Aufhebung der Nutzungspflicht in der Nymphenburgerstraße.
  • Am Pasinger S-Bahnhof ist auf der Nordseite ein Doppelstockparker für 522 Radstellplätze geplant.
  • Hep betont, dass es auch wichtig ist, dass Firmen geeignete Infrastrukturen zur Verfügung stellen (Duschen, Spints, Reparaturservice, …)
  • Die Ampeln so zu schalten, dass Radfahrer eine Grüne Welle bekommen, ist eher nicht realistisch umzusetzen.
  • Der Sicherheitscheck kam recht gut an und wird in der nächsten Radsaison fortgeführt.
  • Das Konzept mit dem rot abmarkierten Fahrbahnbereich in der Maximiliansstraße hat sich wohl bewährt.
  • Eigene Fahrradampeln, die länger grün sein könnten als die Fußgängerampeln, sind vor allem eine Geldfrage.

3) Olympia

  • Nein, das breite ich hier nicht nochmal aus 🙂

Als der Bürger König wurde

Am 1. Oktober 1995 stimmte das bayerische Volk dem Volksentscheid zu, nun auch kommunale Bürgerbegehren bzw. -entscheide einzuführen. Anlässlich des 15jährigen Jubiläums veranstaltete die grüne Landtagsfraktion am 2. Oktober 2010 im Landtag einen Festakt, den gut 300 BesucherInnen besuchten.

Nach einer musikalischen Einstimmung durch den Saxophonisten Klaus Kreuzeder hielt Margarete Bause (Fraktionsvorsitzende) die Eröffnungsrede, in der sie nach der Begrüßung die Erkenntnisse nach 15 Jahren Bürgerentscheid benannte: die Befürchtungen der Gegner hätten sich nicht erfüllt, er wirke der politischen Gleichgültigkeit entgegen und wirke aber durch seine Fakten schaffende Natur deeskalierend. Ein wichtiger Aspekt sei aber, dass das Recht auf Bürgerentscheide in Zukunft noch durch ein möglichst weit reichendes Recht auf Informationszugang (Informationsfreiheitsgesetz) flankiert wird.

Susanna Tausendfreund (innenpolitische Sprecherin) erzählte von den Anfangszeiten des Bürgerentscheids. Gerade in den ersten Monaten gab es besonders viele Begehren und Entscheide, da wohl einiges an Nachholbedarf bestand. Gleichzeitig gab es zu Beginn noch eine Reihe von Unklarheiten rund um die Zulassung von Bürgerbegehren. Mehrere Beispiele belegten, dass die BürgerInnen weise und differenziert mit dem Mittel umgehen. Sie erzählte aber auch von den Rangeleien gerade mit der CSU um die konkrete Ausgestaltung des Bürgerentscheids. Besonders kritisch sei das aktuelle Quorum von mindestens 20% bei Gemeinden von weniger als 50.000 Einwohnern. Zum Schluss las sie noch mit einer gewissen Genugtuung den Brief eines CSU-Bürgermeisters vor, in dem sich dieser zwar von der Teilnahme an dieser Veranstaltung entschuldigt, sich ob seiner damaligen Skepsis aber geläutert zeigte und große Sympathien zum Bürgerentscheid und auch Grüner Politik allgemein zum Ausdruck brachte.

Susanne Socher berichtete anschließend von der täglichen Arbeit des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“, der einer der treibenden Kräfte hinter der Einführung des Bürgerentscheids war, gewissermaßen eine Service-Stelle für Bürgerbegehren aller Art ist und sich generell für mehr direkte Demokratie in Deutschland einsetzt. Von den etwa 903 Bürgerentscheiden, die es bayernweit bisher gab (es gibt wohl keine offizielle Statistik über Bürgerbegehren, weswegen „Mehr Demokratie“ diese Zahlen selbst erfasst), wurden ungefähr die Hälfte vom Volk angenommen, die Hälfte abgelehnt. Das wichtigste Thema sind dabei Verkehrsprojekte. Auch sie bekräftigte die Forderung nach geringeren Quoren, gerade in kleineren Gemeinden, und einem Informationsfreiheitsgesetz. Außerdem beklagte sie, dass es gelegentlich zu Entgleisungen bei der Diskussion über den Gegenstand der Bürgerbegehren käme – diese könnten aber ihren Zweck nur dann ganz entfalten, wenn sie sachlich und ohne Anfeindungen stattfänden.

Den Hauptteil der Veranstaltung stellte die Podiumsdiskussion dar, deren Teilnehmer aus unterschiedlichen politischen Richtungen stammten und die auf unterschiedliche Weise mit dem Bürgerentscheid in Berührung kamen:

  • Josef Daimer (CSU), früherer Bürgermeister von Landshut, sollte vor allem zu seiner damaligen stark ablehnenden Haltung dem Bürgerentscheid gegenüber Stellung nehmen. Er gab durchaus bereitwillig zu, dass der von ihm damals befürchtete „organisierten Egoismus“ nicht überhand nahm, relativierte aber auch die Vorteile – der Politikverdrossenheit wirkten sie zumindest nicht entgegen, wie die weiterhin sinkenden Wahlbeteiligungen zeigten. Man müsse auch die damalige „Furcht“ verstehen – er war wohl zu der Zeit etwas verbittert ob der wechselnden öffentlichen Meinung zu einem großen Tunnelprojekt in Landshut. Überhaupt hätten sich die Zeiten geändert, inzwischen seien ja doch alle erfahrener und ruhiger geworden – „und Sie, die Grünen, sind inzwischen besser bekleidet“.
  • Bernhard Suttner, Vorsitzender der bayerischen ödp, lobte die Effekte, die der Bürgerentscheid auf die Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung hätte. Wichtig sei natürlich, dass Bürger und Politiker im Dialog stünden – dieser Dialog sei aber für die Bürger durch das letzte Mittel des Bürgerbegehrens „zielführender“ geworden. Er betonte außerdem die Vorbildfunktion der Schweiz damals, in der das Prinzip direkter Bürgerbeteiligung gut funktioniert.
  • Der bayerische Verfassungsrichter Klaus Hahnzog (SPD) erzählte auf die Frage nach dem bundesweiten Volksbegehren hin von dem ständigen Ringen mit der CSU/CDU, die sich damit nicht anfreunden könnten. Seiner Meinung nach sei auch gerade der Atomausstieg ein gutes Thema für einen solchen Volksentscheid.
  • Peter Gauweiler (CSU) wurde nach eigenen Aussagen auch eingeladen, um der ganzen Veranstaltung „eine gewisse Würze“ zu verleihen – und genau das tat er dann auch, mit reichlich herzhaften Sticheleien. Er nutzte selbst das Instrument des Bürgerbegehrens selbst intensiv – er war mit dem Tunnel-Entscheid in München Initiator des ersten bayerischen Entscheids – betonte aber auch, dass die Entscheidungen stark von flüchtigen Stimmungen abhängen können. Zu Wackersdorf hätte man damals einen Volksentscheid durchführen sollen – er wäre sich zumindest nicht sicher, ob die Entscheidung wirklich ablehnend gewesen wäre.. Überhaupt sieht er die Probleme der Politik an ganz anderen Stellen, zum Beispiel der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz insbesondere hin zur EU, und der Apparatisierung der Parteien. Er erwähnte außerdem, dass er sich im Bundestag zusammen mit Josef Winkler (Grüne) für die Direktwahl einiger hoher Ämter einsetzt, beispielsweise des Bundespräsidenten.
  • Gerald Häfner (Grüne), Mitgründer des „Mehr Demokratie e.V.“, erzählte, wie er überhaupt dazu kam, sich für mehr direkte Demokratie einzusetzen und betonte die Bedeutung der fundamentalen Frage, wer im politischen System nach welchem Verfahren entscheidet. Er setzte sich bereits lange für die Möglichkeit eines bundesweiten Volksentscheids ein und sieht hier immerhin die Widerstände schmelzen. Gleichzeitig sei es wichtig, sich diese Mitbestimmungsrechte auch auf europäischer Ebene zu erkämpfen.

Zum Abschluss hätte Gerald schließlich noch einen Vortrag über die Europäische Bürgerinitiative halten sollen (er ist im Europäischen Parlament einer der zuständigen Berichterstatter dazu), der wegen Zeitmangel dann leider doch entfallen musste – damit nach der Mittagspause die „Wellküren“ noch ihren abschließenden Auftritt halten konnten. Am 15. November wird es im Bayerischen Landtag von 19:30 – 21:00 Uhr noch eine Veranstaltung mit Gerald speziell zur Europäischen Bürgerinitiative geben – leider habe ich dazu aber online noch nichts gefunden.