Landesversammlung in Würzburg

Am 23. und 24. Oktober war sie endlich, die lang erwartete Landesdelegiertenkonferenz. Lang erwartet deshalb, weil die Wahlen der Münchner Delegierten ungewöhnlich früh stattfanden und man nach der Wahl (siehe meinen früheren Blog-Eintrag dazu) gute drei Monate Zeit zur Vorbereitung auf die Konferenz hatte.

Vorbereitungen

Die beiden Hauptanträge der Versammlung hatten eine recht lange Vorlaufzeit und wurden im Vorfeld bereits intensiv diskutiert:

  • Der wachstumskritische Antrag „Besser ist mehr“ geht unter anderem auf den ersten „Zukunftskongress“ in Fürth zurück, in dem die Wachstumsfrage diskutiert wurde. Verschiedene Arbeitskreise steuerten Textbausteine bei, die vom Landesvorstand in eine erste Rohfassung des Antrags zusammengefasst wurden. Wieder berieten verschiedene Arbeitskreise darüber, reichten wie viele andere in einem offenen Antragstool Kommentare ein (was in dieser Menge wohl bereits zu einem kleinen Änderungs-Chaos führte). Der daraus resultierende Antrag (A1) wurde unter anderem in einigen Ortsverbänden diskutiert. Bis zur Konferenz gab es 9 formale Änderungsanträge, die zum Teil auch wieder revidiert wurden; einige davon flossen in eine weitere Revision des ursprünglichen Antrags (A1neu) ein, über andere musste dann auf der LDK tatsächlich abgestimmt werden.
  • Der zweite Antrag, zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche, hatte etwa zwei Jahre Vorlauf. Anlass waren die harschen Reaktionen der Presse und politischen Konkurrenz auf den damaligen Beschluss über religiöse Symbole, die wohl für manche noch ein kleines Trauma darstellen. Es wurde eine Kommission eingerichtet, die über zwei Jahre hinweg verschiedenste Gruppierungen und Strömungen anhörte und schließlich systematisch die konsensfähigen Positionen innerhalb der Partei darlegte und die Konfliktstellen benannte. Der Antrag diente hier hauptsächlich dem Zweck, sicherzustellen, dass der angefertigte Kommissionsbericht auch tatsächlich der in der Parteibasis mehrheitlich vorhandenen Meinung entspricht. Dazu wurde er auch in mehreren Veranstaltungen wie z.B. Ortsverbands-Sitzung vorab diskutiert. Es gab auch noch drei weitere Anträge zu diesem Thema, die teils eine deutlich schärfere Gangart gegenüber der Kirche forderten oder das Thema gar nicht zur Entscheidung bringen wollten – es war abzusehen, dass sich dieser Antrag durchsetzen würde, weswegen sich auch die 7 Änderungsanträge auf diesen bezogen.

Neben der inhaltlichen gab es aber natürlich auch rein organisatorische Vorbereitungen – Zug-Gruppen-Tickets besorgen, Hotelzimmer buchen… hier engagierten sich Petra vom Stadtbüro aus und Julian sehr hilfsbereit.

Eindrücke

Die Versammlung fand im Congress Centrum Würzburg statt – einem recht edlen Veranstaltungsforum, das aber beim Catering (und mutmaßlich auch der Miete) nicht gerade auf Dumpingpreise setzt. Es gab neben dem großen Saal einige kleinere Workshop-Räume (in denen wir am Freitag die Sitzung des LAK Medien- und Netzpolitik hatten) und ein Foyer mit einigen Ausstellern. Leider hatte ich keine Zeit, mir sie genauer anzuschauen, da die Konferenz wirklich praktisch die komplette Zeit in Anspruch nahm: am Samstag von 11:00 bis etwa 19:00 Uhr, am Sonntag von 9:00 bis etwa 15:00 Uhr. Wohlgemerkt durchgehend ohne Mittags- oder sonstige Pausen. Da sich bei jedem irgendwann mal der Magen meldet und die ganze Konferenz ja auch eifrig zum Netzwerken benutzt wird, war das Foyer auch während der eigentlichen Versammlung immer recht belebt – und der Saal wechselhaft voll besetzt.

Eine wohl noch recht neue, aber schon lieb gewonnene Tradition der bayerischen Landesversammlungen ist das „Yeaahh!-Bingo!“: aus einem am Vortag erstellten Pool an Reizwörtern und Phrasen bekam jede Delegierte einen Zettel mit 25 zufällig ausgewählten Begriffen vorgelegt, mit der Aufforderung, laute Yeaahh! zu rufen, wenn fünf in der Reihe abgehakt sind. Es dauerte höchstens eine Stunde, bis der Gewinner feststand – und Claudia Roth damit einmal mehr bei ihrer Rede unterbrach (bereits auf der letzten LDK traf es sie, damals noch völlig überraschend; unter http://vimeo.com/7876517 sieht man die damalige Szene, etwa bei 24:10 min).

Lobenswert ist die technische Begleitung durch die Netzbegrünung: das W-Lan hatte durchgängig funktioniert (was ja selbst beim CCC nicht selbstverständlich ist), der Livestream wohl auch fast (am Sonntag kam wohl jemand auf die Idee, das Equipment einfach auszustecken um stattdessen sein MacBook aufzuladen). Die Zahl der Teilnehmer, die live twitterten, war recht überschaubar – dafür hatte ich auf diese Weise auch neue Leute kennengelernt.

Das mediale Interesse war mittelgroß: die Vertreter insbesondere des Bayerischen Rundfunks huschten ständig hin und her und filmten – noch nicht ganz schlimm, aber schon genug, um gelegentlich durchaus zu nerven. Es ist zumindest recht störend, wenn Interviews mit den Bundestagsabgeordneten mitten in den vorderen Sitzreihen durchgeführt werden – während die eigentliche Versammlung weiter läuft.

Ablauf

Die Versammlung begann mit einem Gedenken an den verstorbenen Fraktionsvorsitzenden Sepp Daxenberger in Form eines Films und mehrerer Reden.

Es folgte eine Debatte zum Thema „Grünes Wachstum“ mit einigen gesetzten Redebeiträgen aus der Landtags-, der Bundestags- und der Europafraktion sowie der Grünen Jugend. Daneben gab es mehrere ausgeloste Redebeiträge. Es war bei der Debatte auffällig, dass sich hier hauptsächlich die verschiedenen Abgeordneten zu Wort meldeten. Das war insofern interessant, als dass man hier mal viele Abgeordnete sah und ihr jeweiliges Themengebiet kennenlernte, mit denen man sonst kaum etwas zu tun hat (z.B. fand ich die Reden von Uwe Kekeritz aus Fürth besonders interessant). Andererseits hatte das ganze dadurch mehr den Charakter einer Vortragsreihe denn einer klassischen kontroversen Diskussion. Das ist im Prinzip in Ordnung – zumindest im Nachhinein wäre es aber angesichts der Zeitknappheit zum Schluss hin meiner Meinung nach besser gewesen, diesen Punkt zugunsten kontroverserer Themen etwas zu straffen.

Die Diskussion um den „Leitantrag Wachstum“ wurde durch ein Referat des Berliner Senators Reinhard Loske eingeleitet, der einen recht breiten Überblick über die gesamte Wachstumsdebatte lieferte – sowohl über die vielen verschiedenen Themenfelder (Steuern, Indizi, Soziale Innovationen, Rebound-Effekt, …) als auch über die Historie der Debatte. Der Antrag genoss sehr hohe Zustimmung, daher war die anschließende Diskussion recht einfach und er wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Etwas umstrittener waren die verschiedenen Anträge zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Aber auch hier setzte such der Antrag des Landesvorstands klar durch. In der Frage zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen gab es keine Entscheidung – wobei sich hier nach meiner persönlichen Wahrnehmung wohl die Gegner eines Verbots klar durchgesetzt hätten.

Weitere Anträge, die behandelt wurden:

  • Inklusion als Thema für eine der folgenden Konferenzen im Rahmen des „Mein Bayern“-Prozesses.
  • Ohne Frauen geht nichts!“ – ein Antrag, der eine ganze Reihe an Forderungen aufstellte, welche die Stellung der Frau verbessern sollen. Die meisten der Forderungen waren unstrittig, nur zur Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten gab es Gegenstimmen. Hier muss ich aber kritisch anmerken, dass ich den Umgang mit dem Gegenredner, auch wenn ich seine Position nicht teile, alles andere als fair empfand – er wurde regelrecht ausgepfiffen.
  • Der Antrag zur Begrenzung der Amtszeit von Bürgermeistern wurde nicht ganz in der ursprünglichen Fassung beschlossen. Der Antrag war wohl auf einen konkreten Einzelfall zurückzuführen. Stattdessen wurde das Anliegen an verschiedene Parteigremien weiterverwiesen.
  • Gerald Häfner (MEP) stellte die Europäische Bürgerinitiative vor und forderte (und bekam) ein klares Votum der Basis für eine möglichst bürgerfreundliche Ausgestaltung.
  • Die Grüne Jugend stellte (mit einer kleinen Bühnenperformance) die Probleme mit dem aktuellen Schulnotensystem vor und forderte in einem Antrag ein Bekenntnis zu individuelleren Bewertungssystemen.
  • Zwei Anträge befassten sich mit den ländlichen Räumen Bayerns: generell sollten ländliche Räume gefördert werden, und insbesondere das Gesundheitssystem in diesen Bereichen soll verbessert werden.
  • Außerdem wurde eine Stärkung der Gewerbesteuer zur kommunalen Wirtschaftssteuer gefordert. Es gab zwar auch Kritik an der Gewerbesteuer, gerade weil es sich dabei auch um eine konjunkturabhängige Steuer handelt, der Antrag wurde trotzdem beschlossen.

Der zweite Tag bestand vor allem aus Gremienwahlen. Dieter Janecek bewarb sich (ohne Gegenkandidaten) erneut als Parteivorsitzender und wurde mit gut 90% Zustimmung wiedergewählt.

Noch deutlicher war die Wiederwahl des Schatzmeisters Benedikt Mayer: er wurde mit exakt 100% Zustimmung wiedergewählt und war damit wohl der der größte Gewinner der ganzen Wahlen. Nicht nur aufgrund seines sympathischen Humors („Mist, jetzt kommt raus, dass ich mich auch selbst gewählt habe“), sondern natürlich vor allem wegen der recht soliden Buchführung und Haushaltsplanung, die er zuvor recht vorstellte.

Umkämpft war der Parteirat, für den es mehr als doppelt so viele BewerberInnen gab als Plätze. Im Ergebnis setzt sich der neue Parteirat aus 12 Mitgliedern zusammen, die wohl recht gut über die verschiedenen Regionen Bayerns und die verschiedenen Betätigungsfelder (Grüne Jugend, Landtag, Bürgermeister, …) verteilt sind.

Viele weitere Gremien hatten das Problem, dass es tendenziell zu wenig BewerberInnen für sie gab und sie nur durch spontane Bewerbungen überhaupt voll besetzt werden konnten. Ich für meinen Teil habe das Gefühl, dass das mitunter daran liegt, dass die Arbeit vieler Gremien vergleichsweise unbekannt ist. Vom Länderrat hatte ich beispielsweise erst im Rahmen der Vorbereitung auf diese LDK erfahren, obwohl dieser offenbar durchaus eine wichtige Rolle innerhalb der Partei hat. Bei den verschiedenen finanzbezogenen Posten (SchatzmeisterIn, Rechnungsprüfung, Bundesfinanzrat) überrascht mich das geringe Interesse leider weniger – beim Animexx ist die Situation ja nicht viel anders.

Die sonst sehr positive Bilanz der Landesversammlung wurde leider zum Schluss durch einen recht unschönen Misserfolg getrübt: es standen noch zwei Satzungsänderungsanträge an, einerseits zur geschlechtergerechten Sprache, andererseits zum Frauenstatut – also zu Herzensangelegenheiten der Partei. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit waren aber schon so viele Delegierte abgereist, dass der Versammlung die Beschlussunfähigkeit drohte – die Abstimmung musste auf eine andere Landesversammlung verschoben werden. Ärgerlich, gerade weil der Antrag eigentlich bereits am Vortag behandelt werden hätte sollen.

Protokoll: Hep Monatzeder zur Radverkehrspoltik

Ort: Augustiner Bürgerheim, Westend
Zeit: 5. Oktober 2010, 19:00 Uhr
Ehrengäste: Hep Monatzeder und Max Leuprecht

1) Begrüßung

  • Durch Anna Hanusch. Sie spricht die angedachte intensivere Zusammenarbeit zwischen ADFC und den Bas an.
  • Durch Roland Petrik. Er spricht die angedachte Internetplattform an.

2) Vortrag von und Diskussion mit Hep zur Radverkehrspolitik

  • Zu der Rad-Reklamations-Seite aus Wien erwähnte er, dass er vor kurzem erst in Wien war und den Grünen down beim Wahlkampf half; was den Radverkehr selbst angeht, sind die Wiener eher neidisch auf München.
  • Der Anteil des Radverkehrs hat in München in den letzten 1-2 Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen: 1996 war es 6%, 2002 schon 11%, 2010 dann 14%. Das ursprüngliche Ziel von 15% bis 2015 wurde auf 17-20% nach oben korrigiert.
  • Vorbild ist Kopenhagen (40%) und Amsterdam (36%).
  • Insgesamt gab es in zehn Jahren etwa 18 Mio. Investitionen in den Radverkehr. Nicht mit eingerechnet: Instandhaltungsmaßnahmen und Aufwertungen, die Teil einer größeren Umbaumaßnahme waren (z.B. Petueltunnel).
  • Die erste Fahrradstraße war die Wittelsbacherstraße. Inzwischen gibt es 17 davon, 20 weitere werden geprüft.
  • Neues Wegweisungssystem, das nebenbei auch Fußgängern Vorteile bringt.
  • Der Radelclown bringt bei aller negativen Publicity immerhin das Thema immer wieder auf die Agenda…
  • Es war ein langer Kampf, um Radl-Gegenverkehr in Einbahnstraßen durchzusetzen – anfangs standen regelrechte Horrorszenarien im Raum.
  • Eindringlich rief er dazu auf, Rücksicht auch bei Radlfahrern einzufordern. Dies sei besonders wichtig, da die meisten schweren Unfälle in München zwischen Radfahrern und zwischen Radfahrern und Fußgängern passieren.
  • Mehr Stellplätze müssen geschaffen werden – nur bei der Umwandlung von Parkplätzen in Fahrradstellplätze gibt es häufig irrationalen Widerstand.
  • Ein besonderes Nadelöhr ist die Lindwurmstraße. Lösungen wie in Kopenhagen, wo in vergleichbaren Straßen keine Parkplätze sind, dafür der Geh- und Radlweg breiter ist, sind hier politisch sehr schwer durchzusetzen.
  • Es gibt viele Überlegungen, wie man die Trasse Odeonsplatz-Rindermarkt befrieden könnte, auch für die Straßen in der Nähe (insb. Sparkassenstraße) gibt es verschiedene Ideen.
  • Die „Leuchtturmprojekte“ sind die Lindwurmstraße, Brienner Straße, Kapuziner Straße, Rosenheimerstraße.
  • Der ADFC betont, dass der bauliche Radweg keinesfalls das Nonplusultra ist. Objektiv gesehen sei der Radweg zumindest nicht sicherer als das Fahren auf der Straße. Bei besonders engen Radwegen ist die Unfallgefahr evtl. eher noch höher. Ein Verzicht auf die Nutzungspflicht des Radwegs wird daher gefordert, wo möglich.
  • Das KVR prüft derzeit die Aufhebung der Nutzungspflicht in der Nymphenburgerstraße.
  • Am Pasinger S-Bahnhof ist auf der Nordseite ein Doppelstockparker für 522 Radstellplätze geplant.
  • Hep betont, dass es auch wichtig ist, dass Firmen geeignete Infrastrukturen zur Verfügung stellen (Duschen, Spints, Reparaturservice, …)
  • Die Ampeln so zu schalten, dass Radfahrer eine Grüne Welle bekommen, ist eher nicht realistisch umzusetzen.
  • Der Sicherheitscheck kam recht gut an und wird in der nächsten Radsaison fortgeführt.
  • Das Konzept mit dem rot abmarkierten Fahrbahnbereich in der Maximiliansstraße hat sich wohl bewährt.
  • Eigene Fahrradampeln, die länger grün sein könnten als die Fußgängerampeln, sind vor allem eine Geldfrage.

3) Olympia

  • Nein, das breite ich hier nicht nochmal aus 🙂

Stadtversammlung am 4. Oktober ’10

Die diesmalige Stadtversammlung der Münchner Grünen war für mich quasi eine Jubiläumsveranstaltung: vor ziemlich genau einem Jahr war ich zum ersten Mal auf einer Stadtversammlung – am selben Ort, und vor allem zum selben Thema: der Olympia-Bewerbung. Immerhin war ich diesmal darauf vorbereitet, dass dies ein recht emotionales Thema werden würde. Im Vorfeld gab es gewissermaßen einen Wahlkampf und man wurde recht ausführlich mit Infomaterial versorgt – im Fall des zentralen, 190seitigen Umweltkonzepts allerdings erst drei Stunden vor Beginn der Versammlung. Mit 142 stimmberechtigten Mitgliedern und einigen Besuchern war es auch die bestbesuchte Stadtversammlung seit langem.

Bevor es ans Eingemachte ging, stand aber noch ein anderes emotionales Thema auf der Tagesordnung: Hanna Sammüllers Verabschiedung. Sie hatte zwei Wochen zuvor ihren Rücktritt von ihrem Posten als Vorsitzende des Kreisverbands München bekannt gegeben, da sie ihn zeitlich nicht parallel zu ihrer Promotion ausfüllen konnte. Dankesreden gab es von Nikolaus Hoenning, Petra Tuttas und Lydia Dietrich. Als dann noch der Song „Geile Zeit“ von Julie eingespielt wurde, wurde es aber fast etwas zu cheesy… der nicht enden wollende „Verabschiedungs-Applaus“ machte aber nochmal deutlich, wie beliebt sie an ihrem Posten war. Eine hohe Messlatte für ihre Nachfolgerin, die demnächst gewählt wird.

Bei der Diskussion um die Olympia-Bewerbung ging es im folgenden um drei Anträge, über die abgestimmt werden sollte:

  • A1, gestellt von im wesentlichen von den Mitgliedern der Grünen Stadtratsfraktion, forderte, die Bewerbung weiter kritisch begleiten, also die Bewerbung grundsätzlich mittragen zu dürfen.
  • A2, gestellt von Dieter Janecek, Katharina Schulze, Ludwig Hartmann und weiteren (man verzeihe mir, dass ich nicht alle Namen aufzähle), fordert eine klare Ablehnung der Olympia-Bewerbung durch die Stadtratsfraktion.
  • A3 von Hermann Brem ist als Kompromissvorschlag gedacht – man solle akzeptieren, dass es in der Partei deutliche Meinungsverschiedenheiten gibt. Die Stadtratsfraktion könnte damit der Bewerbung zustimmen, müsse aber auch akzeptieren, dass Teile der Partei öffentlich dagegen Stellung beziehen.

Die Diskussion und Abstimmung darüber, respektive einer ganzen Reihe an Geschäftsordnungsanträgen, dauerte knapp zwei Stunden. Da es insgesamt 23 Redebeiträge gab, versuche ich, die wesentlichen Argumente für A1 und A2 zusammenzufassen (wohlgemerkt nur diejenigen, die meiner Erinnerung nach auch in der mündlichen Diskussion intensiver behandelt wurden, nicht alle für die eine oder andere Position):

  • Für die Bewerbung:
    • Das Umweltkonzept sei Kernstück der Bewerbung und entgegen der Behauptungen der Gegner sehr wohl seriös – der Öko-Institut e.V., aus dessen Feder das Konzept stammt, habe einen sehr guten Ruf. Auch dass Finanzierungskonzept sei mehrfach geprüft worden.
    • Ein großer Teil der ökologischen Leitprojekte konnten durchgesetzt werden. Es sei zwar tatsächlich bedauerlich, dass zwei Projekte entfallen sind – insbesondere das geplante Biosphärenreservat rund um Garmisch-Partenkirchen. Aber dafür sei zumindest ein teilweiser Ersatz gefunden worden.
    • Die Ausrichtung der Olympiade die ein guter Hebel, um wichtige grüne Projekte zügig voranzutreiben, für welche die Mühlen der Tagespolitik sonst viel zu schwer Mehrheiten zu finden wären – insbesondere das geplante Plusenergiedorf, das ein bundesweites Vorzeigeprojekt werden könnte.
    • Man konnte das Bisherige aber nur durchsetzen und kann es auch in Zukunft nur durchsetzen, wenn man in den zuständigen Gremien vertreten ist und sich aus dem Projekt nicht zurückzieht.
    • Die Ausrichtung der Paralympics, die an die Bewerbung gekoppelt ist, setzt ein positives Zeichen für die Integration behinderter Menschen.
    • Es gehe bei der Abstimmung auch um die Glaubwürdigkeit und Kontinuität grüner Politik: die Basis der Grünen hätten bereits mehrfach die Bewerbung akzeptiert (mit Annahme des Koalitionsvertrags und auf der Stadtversammlung letztes Jahr). Ein Ablehnen der Bewerbung würde nun faktisch einen Vertragsbruch des Koalitionsvertrags darstellen.
    • Dass die Informationspolitik sehr zu wünschen übrig lässt und es sich beim IOC um eine Organisation mit sehr fragwürdigen Methoden und Anforderungen handelt, wurde auch von den Befürwortern der Bewerbung nicht bestritten.
    • Die Winter-Olympiade wird 2018 so oder so irgendwo stattfinden. Da sollte es uns lieber sein, hier die ökologische Ausrichtung beeinflussen zu können, als es Ländern zu überlassen, die sich weniger darum kümmern.
  • Gegen die Bewerbung:
    • Gerade das Finanzierungskonzept der Bewerbung sei hochgradig unseriös. Mehrere hundert Millionen Euro Einnahmen stammen aus dem nicht näher definierten Topf „Sonstiges“, auch andere Annahmen seien viel zu gutgläubig gemacht worden. Die Übernahme eines Teils des Risikos von Garmisch-Partenkirchen durch die Stadt München sei nicht hinnehmbar. Insgesamt sei das finanzielle Risiko viel zu groß.
    • Die Bewerbung sei ohnehin vergebene Liebesmüh, da der Gewinner der Ausschreibung inoffiziell ohnehin bereits fest stehe: es sei die letzten Male immer so gewesen, dass die Bewerberstadt mit dem teuersten Bewerbungskonzept das Rennen machte, und in diesem Aspekt sei Pyeongchang nicht einzuholen.
    • Selbst wenn sich die Bewerbung doch noch über Sponsoring privater Firmen decken sollte, fehlt das Geld (immerhin ein Betrag über 30 Mio. Euro für die Bewerbung alleine) für die Förderung anderer sozialer Projekte.
    • Über das kulturelle Rahmenprogramm, das laut Koalitionsvertrag ebenfalls Bestandteil des Konzepts sein sollte, hat sich anscheinend niemand irgendwelche Gedanken gemacht.
    • Da einige der zentralen Projekte des Umweltkonzepts nicht durchgesetzt werden konnten, verkommt das Umweltkonzept allenfalls zum grünen Mäntelchen. Deswegen seien auch schon ein großer Teil der seriösen Umweltverbände aus dem Projekt ausgestiegen.
    • Durch eine Ablehnung der Bewerbung bestehen bessere Chancen, am fragwürdigen System der IOC etwas zu verändern – gerade weil es früher noch über ein Dutzend Bewerbungen gab, die Zahl aber mit jedem Mal schrumpft – inzwischen sind es für 2018 schon nur noch drei Städte (München eingerechnet).

Bei der ganzen Diskussion gab es vereinzelt recht polemische Aussagen („Weltdopingspiele“), und mindestens genauso viele gegenseitige Anschuldigungen der Polemik, es ging aber nie unter die Gürtellinie und es lief für ein augenscheinlich so emotionales Thema im großen und ganzen doch recht gesittet zu – das war auch letztes Jahr schon mein Eindruck. Am aggressivsten war interessanterweise ein ehemaliger Mitarbeiter des IOCs, der durch einen sprachlich brillanten GO-Antrag („Der IOC-Typ soll schon noch reden dürfen!“) kurzfristig einen eigenen Redebeitrag erhalten hatte – er prangerte das IOC als „Mafia-Organisation“ an, zu dem endlich mal jemand „Nein“ sagen müsse.

Gewisse Probleme bereitete die Frage, wie man über die drei Anträge am besten abstimmen könnte: während A1 und A2 klar konträre Positionen darstellten, war der Kompromissantrag A3 schwerer in eine klare „Entweder-Oder“-Abstimmung einzubinden. Das führte zu dem Kuriosum, dass es mitunter eine Abstimmung über einen Geschäftsordnungsantrag über die Durchführung eines schriftlichen Meinungsbildes zur Bestimmung der eigentlichen Abstimmung gab…

Schon bei diesem Meinungsbild wurde die Tendenz klar: der ablehnende Antrag A2 hatte eine klare Mehrheit, gefolgt vom Kompromissvorschlag A3. Diese beiden Anträge traten in einer Stichwahl gegeneinander an, mit dem Ergebnis, dass sich:

  • 92 Mitglieder für die Ablehnung (A2) und
  • 45 für den Kompromissantrag (A3) entschieden,

die Stadtratsfraktion also aufgefordert wurde, sich gegen die Bewerbung auszusprechen.

Was tatsächlich passieren wird, wird sich am Mittwoch zeigen, wenn die Entscheidung im Stadtrat fällt. Dieter Janecek, Wortführer des ablehnenden Antrags, erwähnte gleich im Anschluss an die Abstimmung, dass er nicht erwarte, dass das Votum 1:1 umgesetzt wird, man in Zukunft aber intensiver darüber kommunizieren müsse, wie man damit umgeht. Sigi Benker griff das als Fraktionsführer gleich auf und kündigte an, dass sich die Fraktion nun intern beraten würde und dann möglicherweise nach „unserem Gewissen“ entscheiden würden.

Wirklich überraschend wäre es zumindest nicht, wenn sich die Stadtratsfraktion anders als vom Votum gefordert trotzdem für die Bewerbung aussprechen würde oder die Entscheidung den einzelnen Mitgliedern freigibt – ähnlich wurde letztens auch bei der Entscheidung zum zweiten S-Bahn-Tunnel verfahren.

Etwas überschattet von Olympia gab es aber auch noch weitere Anträge und Resolutionen, über die auf der Stadtversammlung abgestimmt wurde, auch wenn sie deutlich weniger Zeit in Anspruch nahmen und nach der anstrengenden Diskussion leider vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bekamen:

  • Hermann Brem stellte eine Resolution vor, in der sich die Grünen München gegen Atomkraft aussprachen. Was manchen etwas befremdlich vorkam – es gibt wohl kaum eine Position, das als noch selbstverständlicher angesehen wird als diese, also warum darüber abstimmen? – hatte den Zweck, durch diese Resolution nocheinmal zur Demonstration kommenden Samstag aufzurufen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Gülseren Demirel warb dafür, sich in Form einer Resolution für die Integration, aber gegen den Populismus zu diesem Thema auszusprechen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Florian Roth rief in einer Resolution dazu auf, sich mit den Protestierenden gegen Stuttgart 21 zu solidarisieren. Die Resolution wurde angenommen.
  • Dominik Schott hatte ursprünglich vor, seinen Antrag zur Abschaffung der Maklergebühren vorzustellen – den er eigentlich schon auf der vorigen Stadversammlung behandeln wollte. Leider traf ihn diesmal wieder das selbe Schicksal: der Antrag wurde wegen Zeitknappheit auf die nächste Versammlung verschoben.
  • Sebastian Weisenburger stellte einen Antrag, der die Gentrifizierung / Yuppisierung vieler einiger Stadtteile thematisiert – in München ist davon derzeit besonders Giesing und das Westend betroffen. Luxussanierungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sind für viele Münchner eine sehr große Sorge, da hierdurch häufig alteingesessene Bewohner eines Stadtviertels vertrieben werden. Sowohl die Stadtratsfraktion als auch die Landtagsfraktion wird in dem Antrag dazu aufgefordert, Maßnahmen gegen diesen Prozess zu ergreifen (z.B. in Form einer städtischen Erhaltungssatzung). Der Antrag wurde angenommen. Hermann Brem kündigte außerdem an, dass seitens des Stadtvorstands geplant ist, eine eigene Veranstaltung zu dem Thema zu organisieren, es möglicherweise auch zu einem Schwerpunktthema einer künftigen Stadtversammlung zu machen.

Abschließend gab es noch eine ganze Reihe an Personalwahlen:

  • Zwei RechnungsprüferInnen für das Jahr 2009 wurden gesucht. Da dies wohl nicht gerade der prestigeträchtigste Job ist, musste wohl auch wirklich gesucht werden, bis sich zwei Freiwillige fanden.
  • Es gab Nachwahlen für die zwei verbliebenen Frauenplätze für die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Würzburg. Da es dafür genau zwei Bewerberinnen gab, fiel die Wahl auch hier nicht sonderlich schwer.
  • Es mussten noch Ersatzdelegierte für die LDK gewählt werden.
  • Etwas mehr Zeit nahm dann noch die Wahl der Delegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg in Anspruch. Hier gab es insgesamt 14 Plätze, also 7 Frauen- und 7 offene Plätze. Für die Frauenplätze gab es etwa ein Dutzend, für die offenen Plätze etwa 15 BewerberInnen.

Da zur BDK-Delegierten-Wahl die Zeit schon sehr fortgeschritten war (kurz vor Mitternacht), sich die Reihen entsprechend lichteten und es langsam Zweifel gab, ob die Stadtversammlung überhaupt noch beschlussfähig sei, blieb ich noch um meine Stimme abzugeben, wartete dann aber das Ergebnis nicht mehr ab.

Als der Bürger König wurde

Am 1. Oktober 1995 stimmte das bayerische Volk dem Volksentscheid zu, nun auch kommunale Bürgerbegehren bzw. -entscheide einzuführen. Anlässlich des 15jährigen Jubiläums veranstaltete die grüne Landtagsfraktion am 2. Oktober 2010 im Landtag einen Festakt, den gut 300 BesucherInnen besuchten.

Nach einer musikalischen Einstimmung durch den Saxophonisten Klaus Kreuzeder hielt Margarete Bause (Fraktionsvorsitzende) die Eröffnungsrede, in der sie nach der Begrüßung die Erkenntnisse nach 15 Jahren Bürgerentscheid benannte: die Befürchtungen der Gegner hätten sich nicht erfüllt, er wirke der politischen Gleichgültigkeit entgegen und wirke aber durch seine Fakten schaffende Natur deeskalierend. Ein wichtiger Aspekt sei aber, dass das Recht auf Bürgerentscheide in Zukunft noch durch ein möglichst weit reichendes Recht auf Informationszugang (Informationsfreiheitsgesetz) flankiert wird.

Susanna Tausendfreund (innenpolitische Sprecherin) erzählte von den Anfangszeiten des Bürgerentscheids. Gerade in den ersten Monaten gab es besonders viele Begehren und Entscheide, da wohl einiges an Nachholbedarf bestand. Gleichzeitig gab es zu Beginn noch eine Reihe von Unklarheiten rund um die Zulassung von Bürgerbegehren. Mehrere Beispiele belegten, dass die BürgerInnen weise und differenziert mit dem Mittel umgehen. Sie erzählte aber auch von den Rangeleien gerade mit der CSU um die konkrete Ausgestaltung des Bürgerentscheids. Besonders kritisch sei das aktuelle Quorum von mindestens 20% bei Gemeinden von weniger als 50.000 Einwohnern. Zum Schluss las sie noch mit einer gewissen Genugtuung den Brief eines CSU-Bürgermeisters vor, in dem sich dieser zwar von der Teilnahme an dieser Veranstaltung entschuldigt, sich ob seiner damaligen Skepsis aber geläutert zeigte und große Sympathien zum Bürgerentscheid und auch Grüner Politik allgemein zum Ausdruck brachte.

Susanne Socher berichtete anschließend von der täglichen Arbeit des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“, der einer der treibenden Kräfte hinter der Einführung des Bürgerentscheids war, gewissermaßen eine Service-Stelle für Bürgerbegehren aller Art ist und sich generell für mehr direkte Demokratie in Deutschland einsetzt. Von den etwa 903 Bürgerentscheiden, die es bayernweit bisher gab (es gibt wohl keine offizielle Statistik über Bürgerbegehren, weswegen „Mehr Demokratie“ diese Zahlen selbst erfasst), wurden ungefähr die Hälfte vom Volk angenommen, die Hälfte abgelehnt. Das wichtigste Thema sind dabei Verkehrsprojekte. Auch sie bekräftigte die Forderung nach geringeren Quoren, gerade in kleineren Gemeinden, und einem Informationsfreiheitsgesetz. Außerdem beklagte sie, dass es gelegentlich zu Entgleisungen bei der Diskussion über den Gegenstand der Bürgerbegehren käme – diese könnten aber ihren Zweck nur dann ganz entfalten, wenn sie sachlich und ohne Anfeindungen stattfänden.

Den Hauptteil der Veranstaltung stellte die Podiumsdiskussion dar, deren Teilnehmer aus unterschiedlichen politischen Richtungen stammten und die auf unterschiedliche Weise mit dem Bürgerentscheid in Berührung kamen:

  • Josef Daimer (CSU), früherer Bürgermeister von Landshut, sollte vor allem zu seiner damaligen stark ablehnenden Haltung dem Bürgerentscheid gegenüber Stellung nehmen. Er gab durchaus bereitwillig zu, dass der von ihm damals befürchtete „organisierten Egoismus“ nicht überhand nahm, relativierte aber auch die Vorteile – der Politikverdrossenheit wirkten sie zumindest nicht entgegen, wie die weiterhin sinkenden Wahlbeteiligungen zeigten. Man müsse auch die damalige „Furcht“ verstehen – er war wohl zu der Zeit etwas verbittert ob der wechselnden öffentlichen Meinung zu einem großen Tunnelprojekt in Landshut. Überhaupt hätten sich die Zeiten geändert, inzwischen seien ja doch alle erfahrener und ruhiger geworden – „und Sie, die Grünen, sind inzwischen besser bekleidet“.
  • Bernhard Suttner, Vorsitzender der bayerischen ödp, lobte die Effekte, die der Bürgerentscheid auf die Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung hätte. Wichtig sei natürlich, dass Bürger und Politiker im Dialog stünden – dieser Dialog sei aber für die Bürger durch das letzte Mittel des Bürgerbegehrens „zielführender“ geworden. Er betonte außerdem die Vorbildfunktion der Schweiz damals, in der das Prinzip direkter Bürgerbeteiligung gut funktioniert.
  • Der bayerische Verfassungsrichter Klaus Hahnzog (SPD) erzählte auf die Frage nach dem bundesweiten Volksbegehren hin von dem ständigen Ringen mit der CSU/CDU, die sich damit nicht anfreunden könnten. Seiner Meinung nach sei auch gerade der Atomausstieg ein gutes Thema für einen solchen Volksentscheid.
  • Peter Gauweiler (CSU) wurde nach eigenen Aussagen auch eingeladen, um der ganzen Veranstaltung „eine gewisse Würze“ zu verleihen – und genau das tat er dann auch, mit reichlich herzhaften Sticheleien. Er nutzte selbst das Instrument des Bürgerbegehrens selbst intensiv – er war mit dem Tunnel-Entscheid in München Initiator des ersten bayerischen Entscheids – betonte aber auch, dass die Entscheidungen stark von flüchtigen Stimmungen abhängen können. Zu Wackersdorf hätte man damals einen Volksentscheid durchführen sollen – er wäre sich zumindest nicht sicher, ob die Entscheidung wirklich ablehnend gewesen wäre.. Überhaupt sieht er die Probleme der Politik an ganz anderen Stellen, zum Beispiel der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz insbesondere hin zur EU, und der Apparatisierung der Parteien. Er erwähnte außerdem, dass er sich im Bundestag zusammen mit Josef Winkler (Grüne) für die Direktwahl einiger hoher Ämter einsetzt, beispielsweise des Bundespräsidenten.
  • Gerald Häfner (Grüne), Mitgründer des „Mehr Demokratie e.V.“, erzählte, wie er überhaupt dazu kam, sich für mehr direkte Demokratie einzusetzen und betonte die Bedeutung der fundamentalen Frage, wer im politischen System nach welchem Verfahren entscheidet. Er setzte sich bereits lange für die Möglichkeit eines bundesweiten Volksentscheids ein und sieht hier immerhin die Widerstände schmelzen. Gleichzeitig sei es wichtig, sich diese Mitbestimmungsrechte auch auf europäischer Ebene zu erkämpfen.

Zum Abschluss hätte Gerald schließlich noch einen Vortrag über die Europäische Bürgerinitiative halten sollen (er ist im Europäischen Parlament einer der zuständigen Berichterstatter dazu), der wegen Zeitmangel dann leider doch entfallen musste – damit nach der Mittagspause die „Wellküren“ noch ihren abschließenden Auftritt halten konnten. Am 15. November wird es im Bayerischen Landtag von 19:30 – 21:00 Uhr noch eine Veranstaltung mit Gerald speziell zur Europäischen Bürgerinitiative geben – leider habe ich dazu aber online noch nichts gefunden.

Bericht: LAK Medien- und Netzpolitik am 18. September

Diesen Monat tagte der Landesarbeitskreises wieder in Ingolstadt. Insgesamt waren elf Personen anwesend – ironischerweise aber nur ein einziger aus Ingolstadt selbst. Für zwei der Beteiligten war dieses Treffen quasi die „Feuertaufe“ der aktiven Parteiarbeit – ich hoffe einfach mal, wir haben sie nicht verschreckt 🙂

Der Schwerpunkt des Treffens lag beim Urheberrecht und der Kulturflatrate. Anlass dafür war die kommende Podiumsdiskussion „Eine für alle – Brauchen wir eine Pauschalvergütung im Internet?“ der Grünen Landtagsfraktion, auf der diese Themen näher erörtert werden sollen. Als Referenten haben bereits RA Gerd Hansen, Konstantin von Notz (MdB) und Helga Trüpel (MdEP) zugesagt – also Personen, die sich bereits mehrfach in der Diskussion um die Kulturflatrate eingebracht haben.
Der LAK ist bei dieser Veranstaltung inhaltlich beratend tätig – so wurde auf dem Treffen eine recht ausführliche Liste an Fragestellungen ausgearbeitet, die der Moderatorin als Leitfaden dienen könnte. Das Ziel des LAKs bei der Veranstaltung wird sein, nachzuhaken, ob schon genauere Vorstellungen zur möglichen Ausgestaltung der Kulturflatrate herrschen – um letzten Endes auch selbst Stellung dazu beziehen zu können.

Inspiriert von einem unserer Meinung nach gelungenen Positionspapier der Baden-Württemberger Grünen zur Netzpolitik machten wir uns außerdem Gedanken, wie der LAK ebenfalls zu einem Positionspapier kommen kann, das sich dann freilich eher an den bayerischen Gegebenheiten orientiert – und dann möglicherweise auch mit in das Wahlprogramm zur kommenden Landtagswahl einfließt. Während wir noch nicht soweit kamen, konkrete (Recherche-)Aufgaben zu verteilen, wurden zumindest schon einmal die ungefähren Themengebiete identifiziert.

Zuletzt wurde diskutiert, wie man den LAK in der Partei noch etwas bekannter machen könnte. Mit einem knappen Dutzend Teilnehmern bei jedem Treffen haben wir zwar noch keine Probleme, doch gerade der Frauenanteil (zwei Frauen bei diesem Treffen) ist derzeit noch unbefriedigend. Als ersten Schritt sollen Flyer gedruckt werden, mit denen wir uns unter anderem auf der kommenden Landesdelegiertenkonferenz etwas bewerben wollen.

Bericht: OV-Sitzung Westend/Laim – 15. September

Beim September-Treffen des Ortsverbands Westend-Laim wurde vor allem das anstehende Laimer Kartoffelfeuer besprochen bzw. Aufgaben verteilt. Der ursprüngliche Termin am 9. Oktober musste leider abgesagt werden, da die Münchner Anti-Atom-Demo auf den selben Tag gelegt wurde. Daher bleibt der Ausweichtermin am 16. Oktober. Ich verweise jetzt einfach auf die Ankündigung, die ich inzwischen auf der OV-Website veröffentlicht habe.

Außerdem wurde die Podiumsdiskussion besprochen, die ich bei den vergangenen Berichten schon mehrfach erwähnt habe, inzwischen aber konkreter geworden ist: am 5. Oktober kommen Hep Monatzeder und Max Leuprecht, um das städtische Verkehrskonzept in Bezug auf Radfahrer vorzustellen. Die Veranstaltung soll sich primär an ein parteiinternes Publikum richten, wobei freilich jede Interessierte vorbeikommen kann (genauere Infos). Im Dezember soll es dann eine größer angelegte Podiumsdiskussion zum selben Thema geben, die sich dann auch aktiv an die Öffentlichkeit richtet.

Inhaltlich wurden noch verschiedene Themen angeschnitten, aber da das OV-Treffen leider in einem Restaurant stattfand, bei dem parallel ein Fußballspiel übertragen wurde und in dem ein entsprechender Geräuschpegel herrschte, wurde nichts wirklich vertieft.

Stadtversammlung der Münchner Grünen (26. Juli ’10)

Die Juli-Stadtversammlung fand am 26. Juli 2010 statt und war wieder außerordentlich gut besucht – ziemlich genau 100 stimmberechtigte Mitglieder und einige Besucher waren anwesend. Geschuldet war das wohl der angekündigten Aussprache zum Hygiene-Skandal, aber auch eine ganze Reihe weiterer Tagesordnungspunkte sorgten dafür, dass die Versammlung bis gut 23:30 Uhr dauerte. Zwei der ursprünglich für diesen Tag vorgesehenen Anträge wurden aus Zeitgründen auf die nächste Stadtversammlung verschoben. Eine besondere Erwähnung verdient wohl die Moderation von Beppo (neben Doris und Jürgen), der mit seiner Akribie für Ordnung und mit pikanten Geschichten aus diversen Hotelzimmern für Unterhaltung sorgte…

Zu den Problemen rund um die Münchner Kliniken gab es drei Stellungnahmen: Hep Monatzeder schilderte die Ereignisse auf und in Folge der Aufsichtsratssitzung am 2. Juli, auf der sie erstmals über die Hygiene-Probleme im Klinikum Bogenhausen erfuhren. Er war demnach um ein sofortiges Aufklärung der Sache bemüht, drei der Geschäftsführer wurden auch innerhalb weniger Tage gekündigt. Den Fehler beim SZ-Interview räumte er ein, rügte aber auch den Umgang einiger Medien mit seiner Person, insbesondere seitens der Abendzeitung. Die Vorwürfe seitens der CSU wären haltlos (in dem Brief, in dem ein CSU-Stadtrat bereits vor Monaten auf das Problem hingewiesen haben wollte, ging es so um einen gänzlich anderen Sachverhalt). Lydia Dietrich bestätigte in ihrem Bericht die Schilderungen Heps. Das Krisenmanagement habe demnach hervorragend funktioniert, auch sie kritisierte die „Schlammschlacht auf fragwürdigem Niveau“. Sie betonte aber auch, dass es natürlich sei, dass man Mitglieder der eigenen Partei fördere – wie auch immer das in Bezug auf den konkreten Streitfall (Fuß) zu verstehen ist. Joachim Lorenz (Gesundheitsreferent) sprach dann noch ausführlich und anschaulich über die Probleme, die Vielzahl an Praxen und Kliniken in München zu kontrollieren, und darüber, dass es in kleineren Kommunen wohl noch schwieriger ist als im vergleichsweise noch gut ausgestatteten München.

Die Diskussion verlief überraschend wenig kontrovers. Dieter Janecek kritisierte die Tendenz bei den Münchner Grünen, von der Presse verwendete negativ besetzte Schlagwörter („Filz“ etc.) vorschnell zu übernehmen. Außerdem sei die aktuelle Diskussion kein passender Anlass für die Frage nach einem Generationswechsel – wohl eine Anspielung auf Hannas und Nikolaus‘ Interview in der SZ. Sigi Benker wurde von einer Rednerin kritisiert, da er wohl als Aufsichtsratsvorsitzender für MünchenStift gehandelt werde. Dieser antwortete, er habe lediglich einmal das Interesse an einer Bewerbung bekundet – das Thema werde aber erst 2013 wirklich aktuell.

Anschließend stellte Florian Vogel seinen Antrag vor, den es auch in der beschlossenen Fassung (es gab mehrere Änderungsanträge auf der Versammlung) online nachzulesen gibt.

Überraschend kurz abgehandelt wurde der Antrag zur Olympa-Bewerbung Münchens. Seit dem knappen Votum für eine Bewerbung im Oktober 2009 ist die Bewerbung ja das große Streitthema innerhalb der Münchner Grünen, wobei die allgemeine Stimmung inzwischen anscheinend recht klar ins Negative gekippt ist. Nach der finanziellen Schieflage der Bewerbungsgesellschaft spricht sich der Antrag gegen eine Finanzierung der Bewerbung über Steuergelder aus, auch gegen eine Querfinanzierung über die städtischen Unternehmen. Auch die Vertreter der Stadtratsfraktion sprachen sich für den Antrag aus, er wurde anschließend mit großer Mehrheit angenommen.

In einem weiteren Antrag ging es um die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Der Antrag forderte einerseits, einen Katalog ethischer Kriterien zu entwickeln, anhand derer städtische Betriebe künftig dagegen verstoßende Unternehmen ausschließen könnten. Gefordert wurde andererseits ein übergangsweiser Boykott von BP, bis dieser Katalog ausgearbeitet wäre. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem der Boykott kritisiert – dieser suggeriere ja, dass sich andere Öl-Firmen besser verhielten. Durch einen Änderungsantrag wurde dieser Passus gestrichen. Die geänderte Fassung wurde mit klarer Mehrheit beschlossen.

Anschließend stellte Dieter Janecek den Leitantrag für die Landesversammlung („Besser ist mehr“) im Oktober vor – beziehungsweise den Entwurf des Antrags, da dieser noch nicht ganz ausgearbeitet ist. Der Antrag fordert einerseits eine Abkehr vom Leitbild des immer währenden Wirtschaftswachstums, besonders vom Wachstum um seiner selbst willen. Manche müssten in Zukunft auch auf einen Teil ihres Wohlstands verzichten – wobei klar sein müsse, dass nur derjenige verzichten könne, der auch etwas zum verzichten habe. Andererseits fordert der Antrag konkrete Maßnahmen für einen Umbau der Gesellschaft hin zur Klimaneutralität. Dabei müsse auch erneut über ökologische Steuerreformen nachgedacht werden. Neu beschlossene Gesetze sollten einem „Nachhaltigkeits-TÜV“ unterzogen werden. Auch die Bildung müsse weiter gefördert werden. Abschließend rief Dieter dazu auf, sich an der Ausarbeitung des Antrags zu beteiligen.

Die Wahlen der Delegierten für die nächste Landesversammlung (23./24. Oktober in Würzburg) nahmen ebenfalls recht viel Zeit in Anspruch. Auch wenn die etwa 50 BewerberInnen im Durchschnitt nur eine halbe Minute Vorstellungszeit hatten: durch die Wahlphasen und die Auszählung zog sich das ganze recht in die Länge. Unterm Strich wurden bei den Frauenplätzen alle Bewerberinnen gewählt – es gab 16 Bewerberinnen auf 18 Plätze. Bei den verbleibenden 2 Plätzen wird zunächst versucht, sie auf der nächsten Stadtversammlung im August zu besetzen. Falls dies nicht gelingt, werden die Plätze sie üblicherweise für die Männer freigegeben. Bei den 18 offenen Plätzen gab es um die 35 Bewerber. 17 davon wurden auf dieser Stadtversammlung bereits gewählt. Wegen Stimmgleichheit auf Platz 18 muss zwischen den beiden Bewerbern eine Stichwahl erfolgen, was aber auf die nächste Versammlung vertagt wurde.

In einer sehr undenkbaren Situation waren Lydia Dietrich, Katharina Schulze und Gerald Häfner, die während den Auszählphasen über ihre jeweiligen Tätigkeiten berichteten. Die Aufnahmefähigkeit der meisten Anwesenden war zu diesem Zeitpunkt schon völlig erschöpft, der Geräuschpegel war dementsprechend hoch. Nicht wirklich fair gegenüber den ReferentInnen, die einiges zu erzählen hatten:

  • Lydia stellte das am 20. Mai gegründete „Bündnis gegen Homophobie“ und dessen Tätigkeit vor (Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Diskussionen mit Hallenbetreibern).
  • Gerald berichtete von der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative . Er hat es nach vielen Mühen geschafft, Berichterstatter für die weitere Ausgestaltung zu werden. Viele Details der Ausgestaltung sind noch strittig: welche Quoren zu erreichen sind (die Mindestzahl von 1 Mio. BürgerInnen ist zwar fest, strittig ist aber beispielsweise, aus wie vielen verschiedenen Ländern die Stimmen kommen müssen), ob zur Teilnahme an den Petitionen ein Personalausweis erforderlich sein soll, wie die EU-Kommission mit den Initiativen zu verfahren hat, und auf welche Themenbereiche sich die Initiativen beziehen können.
  • Katharina stellte sowohl die Mitarbeiter sowie die Arbeit des bayerischen Parteirats vor.

Bericht: OV-Sitzung Westend/Laim – 22. Juli

Nach zwei eher schwach besuchten Sitzungen im Mai und Juni war das Treffen des Ortsverbands Westend-Laim am 22. Juli mit zwölf Personen wieder recht gut besucht.

Erstes Thema waren die anstehenden Vorstandswahlen des Ortsverbands. Nach ein paar Unklarheiten über die Terminwahl kamen wir zum Konsens, dass sie idealerweise im April 2011 stattfinden sollten. Myriam tritt als Sprecherin nicht mehr an – sie begründete es damit, dass einerseits nach fünf Jahren einfach mal wieder Zeit für einen Wechsel wäre, und sie andererseits auch zeitlich nicht mehr in dem Maße um die Aufgaben kümmern könne. Auch Daniel kann sich vorstellen, den Beisitzer-Posten abzugeben, wenn sich ein Nachfolger findet.. Der Ortsverband muss sich daher nach NachfolgerInnen umsehen – wobei angesichts der geringeren Zahl an aktiven Frauen im OV der Posten der Vorstandssprecherin akuter sein wird.

Einen größeren Teil des Abends nahm der Hygiene-Skandal an Münchner Kliniken ein. Daniel konnte als Mitarbeiter von Hep Monatzeder recht genau berichten, wie nach Bekanntwerden der Probleme reagiert wurde. Er korrigierte außerdem den Kontext, in dem jene unglückliche, weil faktisch falsche Aussage Heps gefallen ist.
Während nicht bestritten wurde, dass die Rücktrittsforderungen seitens der CSU vorrangig wahltaktisch motiviert sein dürften, kritisierten mehrere Anwesende die damalige Berufung des damaligen Klinikum-Geschäftsführers. Streitpunkt ist insbesondere, inwieweit er tatsächlich die unter den damals bekannten Umständen die fachlich beste Wahl war, oder ob nicht sein (grünes) Parteibuch eine Rolle gespielt haben könnte. Letzteres wäre auch nicht im Sinne der Parteibasis.
Einigkeit herrschte hingegen wieder darin, dass die nun aufgeflogenen Probleme im Klinikum keinesfalls spezifisch für diese zwei Kliniken ist, sondern Teil eines systematischen Problems an deutschen Kliniken sind.
In der kommenden Stadtversammlung am Montag wird ebenfalls noch einmal über dieses Thema gesprochen.

Kurz wurde der vergangene Volksentscheid in Hamburg thematisiert, insbesondere die Frage, welche Wählerschichten eine eher ablehnende, welche eine eher zustimmende Haltung hatten, und in welchen die Wahlbeteiligung besonders hoch bzw. niedrig war. Gemutmaßt wurde unter anderem, dass auch ein guter Teil der Grünen-Wähler in diesem Fall wohl gegen das grüne Herzensprojekt gestimmt haben dürften.

Michael hielt einen kurzen Bericht über den Stand der Informationsfreiheitssatzung: der Antrag auf der letzten Grünen-Stadtversammlung wurde bekanntlich angenommen. Im weiteren berichtete er von den Ergebnissen des Diskussionspanels „Vom Obrigkeitsstaat zur Mitmachdemokratie„.

Für das bereits seit längerem angedachte Fahrradprojekt wird nun ein separater Arbeitskreis gebildet, der zunächst die Konzeption übernimmt und nach weiteren Kooperationspartnern sucht. Interessant werden dabei vor allem die Schnittstellen zu den Behörden bzw. politischen Institutionen – da es ja viele Anknüpfungpunkte u.a. zu den Bezirksausschüssen und dem KVR gibt. Über mangelndes Interesse kann man sich dabei wohl nicht beklagen: mehrere OVs haben sich diesbezüglich bereits gemeldet.

Dann kam noch kurz das Laimer Kartoffelfeuer zur Sprache, das dieses Jahr hoffentlich wieder stattfindet. Die angedachten Termine sind der 10. Oktober, gefolgt (bei schlechtem Wetter) vom 17. Oktober. Generell herrschte große Bereitschaft, Jörg als Organisator wo möglich bei der Durchführung zu unterstützen.

LAK Medien- und Netzpolitik: Treffen am 24. Juli

Das dritte Treffen des bayerischen LAK Medien- und Netzpolitik fand wieder in München in den Räumen des bayerischen Landesverbands statt. Es waren 12 Personen anwesend, hauptsächlich die „üblichen Verdächtigen“, aber auch ein paar neue Gesichter.

Das angekündigte Schwerpunktthema war der Journalismus. Das traf sich natürlich recht gut, da ja gerade erst am Tag zuvor in Niedersachsen der Trend ausgerufen wurde, Medien zur Erfüllung politischer Ziele mit in die Pflicht zu nehmen. Der LAK war schon kurz davor, einen eigenen Forderungskatalog aufzustellen, über was die bayerische Presse noch berichten dürfe und vor allem wie. Aber Alex in seiner Funktion als Pressesprecher wäre wohl nicht begeistert von der Idee gewesen, zig Medien die Sache mit der Ironie nochmal erklären zu müssen…

Zum Organisatorischen: das Bankkonto des LAKs ist inzwischen eröffnet, der Startzuschuss des Landesverbandes ist inzwischen ausgezahlt, womit Fahrtkostenzuschüsse ab jetzt möglich sind.
Die LAK-Termine für 2011 werden erst im Oktober-Treffen (22. Oktober in Würzburg) festgelegt, da erst dann die wichtigen Termine des Bundes- und des Landesverbandes feststehen, an denen man sich orientieren kann.
Wir entschieden uns außerdem, vor dem Oktober-Treffen noch ein weiteres einzuschieben: am 18. September, 10:30 Uhr im Grünen-Stadtbüro in Ingolstadt.

Ausführlich wurde eine geplante Podiumsdiskussion zum Thema Urheberrecht im Allgemeinen und Kulturflatrate im Speziellen diskutiert. Die ursprüngliche Idee von Hermann Brem und Gerd Hansen (der auch anwesend war und die Diskussion sehr bereicherte) war eine möglichst öffentlichkeitswirksame Aktion über die Kulturflatrate, im LAK wurde zwischenzeitlich auch die Möglichkeit erwogen, diese parallel zu den Münchner Medientagen im Oktober zu veranstalten. Bei der Diskussion kamen wir aber zum Ergebnis, dass dies wohl eher kontraproduktiv sein dürfte: zu unklar ist hier noch die Positionierung der Grünen selbst zu diesem Thema. Gerade wegen seiner Aktualität wird die Idee einer solchen Veranstaltung zwar weiter verfolgt und auch ungefähr in diesem Zeitraum angestrebt, die Ausrichtung wird aber eher die parteiinterne Meinungsfindung sein (was freilich nicht ausschließt, dass weitere Interessierte ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen).
In der Veranstaltung sollen die Interessen der verschiedenen Interessengruppen (Labels, Zuhörer, Musiker (erfolgreich), Musiker (weniger erfolgreich), …) geklärt werden sowie ein möglichst konkretes Modell der Kulturflatrate dargestellt werden. Geklärt werden muss neben der Räumlichkeit vor allem noch, wer an der Diskussion teilnehmen will.
Generell ist aber festzuhalten, dass im LAK aus einer Vielzahl an Gründen eine eher kritische Haltung gegenüber der Idee einer Kulturflatrate herrscht.

Großen Anklang fand der Vorschlag von Alex Burger, eine Veranstaltungsreihe „Digital-Analoges Sofa“ zu etablieren, die vor allem dem Zweck dienen soll, im kleinen Rahmen in lockerer Atmosphäre mit verschiedenen Medienschaffenden ins Gespräch zu kommen, diese Gespräche aber einerseits auch Interessierten zu machen, andererseits auch die Ergebnisse öffentlich zu dokumentieren (ggf. durch Videoaufzeichnung). Diese Gespräche sollen alle zwei Monate stattfinden, nach Möglichkeit ab Herbst.

Schwerpunktthema des Tages war wie bereits gesagt dann der Journalismus, insbesondere der Qualitätsjournalismus. Da es die erste tiefer gehende Sitzung zu diesem Thema war, wurde von Sascha zuerst ein Ziel vorgestellt: Am Ende einer etwa einjährigen Diskussionsphase soll ein „Positionspapier zur Förderung der Rahmenbedingungen des Qualitätsjournalismus“ stehen.
Diskutiert wurden dann vor allem folgende Teilaspekte des gesamten Themenkomplexes:

  • Warum hat die Ausbildung bei einigen privaten Ausbildungsstätten (z.B. der Deutschen Journalistenschule) einen besseren Ruf als die universitäre Ausbildung? (Erklärungsansätze sind die Knappheit der Ausbildungsplätze, der größere Praxisbezug, sich bildende Netzwerke) Warum gibt es keine (oder nur wenige) Journalismus-Studiengänge an Fachhochschulen? Inwieweit lässt sich eine Journalistenausbildung überhaupt normieren?
  • Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Zeitungen bringt wie die meisten anderen Ermäßigungen völlig unlogische Abgrenzungsprobleme mit sich. Daraus eine politische Forderung abzuleiten, dürfte dagegen schwer und wenig zielführend sein.
  • Die (wohl eher schwierige) Beziehung zwischen der Künstlersozialversicherung und den Journalisten.
  • Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk, der durch das für alle Seiten unbefriedigende „Depublizieren“ zurzeit ja ein Dauerthema ist.

„Vom Obrigkeitsstaat zur Mitmachdemokratie“

Passend zur in München gerade wieder aufkommenden Diskussion über eine Informationsfreiheitssatzung fand im bayerischen Landtag am 9. Juli 2010 ein Diskussionspanel rund um Informationsfreiheitsrechte statt. Ausgerichtet wurde es von der grünen Landtagsabgeordneten Susanna Tausendfreund, es war aber mit Thomas Petri (Landesbeauftragter für Datenschutz), Josef Schmid (Vorsitzender der Münchner CSU-Fraktion), Peter Kveton (Journalist), Florian Roth (Münchner Grünen-Fraktion) und als Moderatorin Heike Mayer (Transparency International) überparteilich besetzt. Im Publikum waren etwa 40 Besucher, davon auffallend viele KommunalpolitikerInnen aus (im Vergleich zu München) kleineren Gemeinden.

Zuerst stellte Susanna Tausendfreund die grundsätzliche Problematik rund um die Informationsfreiheitsrechte vor. Allein in dieser Legislaturperiode wurden im CSU/FDP-dominierten Landtag bereits zwei Anträge auf Informationsfreiheitsgesetze abgelehnt (einer der SPD, einer der Grünen), ein weiterer der Freien Wähler werde gerade diskutiert. So lange es kein Gesetz dazu gibt, können einzelne Städte hier die Vorreiterrolle übernehmen und sich selbst entsprechende Satzungen auferlegen – eine Reihe von bayerischen Städten hat das bereits getan. Dabei fällt auf, dass die Initiative dazu von ganz unterschiedlichen Parteien ausgeht. Sie selbst hat Erfahrungen in Pullach damit gemacht, wo seit März 2009 eine solche Satzung gilt, mit ermutigenden Ergebnissen: die Behörden werden keinesfalls, wie oft befürchtet wird, mit Anfragen überhäuft. Allerdings gab es wohl Streitereien darüber, inwieweit die Satzungen auch für die kommunalen Betriebe gelte.

Dr. Thomas Petri konnte von seinen Erfahrungen in Berlin berichten: dort gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz schon länger, das ganze habe sich schon gut eingespielt. Es gibt mit etwa 2000 Bürgeranfragen pro Jahr durchaus eine signifikante Anzahl an Anfragen, die aber auch noch tragbar sind. Beispiele für solche Anfragen: eine Familie erkundigt sich nach den Ergebnissen einer Asbest-Studie über ein Schulgebäude, in welches das Kind möglicherweise gehen soll; eine auf einem Gehweg verunglückte Bürgerin will wissen, ob bei der letzten Sicherheitsprüfung des Gehwegs alles mit rechten Dingen zugegangen ist; oder auch Anfragen nach den Privilegien von Landtagsabgeordneten.

Petri vertrat in seiner Position als Landesdatenschutzbeauftragter im weiteren Diskussionsverlauf die Datenschutzseite: Protokolle von Sitzungen oder gar Live-Übertragungen seien nur zulässig, wenn die betroffenen Stadträte dem zustimmen. Hier wird die kommunale Ebene gesetzlich anders gehandhabt als die Länder- und Bundesebene, da in den meisten Kommunen die Kommunalpolitik von rein Ehrenamtlichen erledigt wird. Zu beachten ist auch, dass in Stadtratssitzungen häufig über einzelne Firmen oder Privatpersonen gesprochen werde, was aus Datenschutzgründen dann nicht veröffentlicht werden dürfe. Der Einwand, dass eventuell unpässliche Äußerungen ihren Skandalcharakter gar nicht über das Protokoll entfalten bräuchten, da in den Vorderen Reihen der Sitzungen ohnehin bereits die Zeitungsreporter säßen, ändert an der rechtlichen Bewertung wohl nichts – hier müssten also andere gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Andererseits wurde angemerkt, dass kritische Tagesordnungspunkte ohnehin bereits in nicht-öffentlichen Sitzungen behandelt werden und einer Veröffentlichung der Protokolle öffentlicher Sitzungen unter diesem Gesichtspunkt nichts im Wege stehen sollte.

Peter Kveton, Mitglied des „Nerzwerk Recherche“ zur Förderung des investigativen Journalismuses, stellte die Sicht eines Journalisten auf das Thema dar. Er selbst hatte damit bereits in einem recht Aufsehen erregenden Fall zu tun, der „Olympiamark-Affäre (bei der sich die rot-grüne Stadtregierung wohl nicht gerade mit Ruhm bekleckerte). Auch in anderen Fällen, wenn beispielsweise die Landesregierung behaupte, endlich ein perfektes Transrapid-Sicherheitskonzept zu haben, ist es für Journalisten äußerst wichtig, das Konzept sehen um es dann auch beurteilen zu können.

Dr. Florian Roth gab einen Überblick über die Situation in München. Hier zieht sich das ganze ja auf nicht ganz nachvollziehbare Weise ziemlich hin. Im März diesen Jahres wurde es vertagt, um zunächst die Erfahrungen anderer bayerischer Gemeinden zu evaluieren; zum neuen Termin wurde es dann erneut vertagt, da noch nicht alle Antworten eingegangen seien. Es soll aber im Herbst endlich entschieden werden. Es klang so, als ginge es im Prinzip nur noch darum, nach Möglichkeit eine möglichst einstimmige Entscheidung aller relevanten Parteien zu bekommen; mit CSU, Grünen und FDP gebe es so oder so eine Mehrheit. Roth versicherte bei der Gelegenheit, die Zustimmung der Fraktion Die Grünen/rosa liste hinge nicht vom Koalitionspartner SPD ab.

Joseph Schmid stellte seine Sicht als CSU-Fraktionsvorsitzender dar und versuchte vor allem, die Sicht auf die CSU als monolithischen Block zu relativieren – auch in der CSU gebe es Lernprozesse, und er habe sich auch schon häufiger für Informationsfreiheit eingesetzt, beispielsweise als es um den Ausbau des RIS-Systems ging.

In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden einige sehr interessante Punkte genannt:

  • Es gab bereits um die 70 Versuche in Bayern, Informationsfreiheitssatzungen zu installieren. Davon wurden 90% abgelehnt.
  • Städtische Betriebe stellen ein strukturelles Problem dar, eine „Flucht ins Privatrecht“. Sie obliegen nicht hinreichend der öffentlichen Kontrolle. In München gebe es über hundert kommunale Betriebe, die von gerade mal 80 Stadträten kontrolliert werden sollen. In einigen Fällen kommunaler Betriebe wurde wohl aus dem Aktiengesellschafts-Recht hergeleitet, dass das Firmen-Wohl vor dem Eigentümer-Wohl steht, was bei kommunalen Betrieben natürlich abwegig ist.
  • Ein Problem stellen auch geheime Verträge von Institutionen dar – es gebe welche, wo nicht nur der Inhalt geheim ist, sondern auch deren Existenz. Als Beispiel wurde das Abkommen zwischen der Staatsbibliothek und Google über die Digitalisierung des Bücherbestands genannt. In Berlin wurden solche Verträge untersagt, allerdings nur „grundsätzlich“, was wohl noch Schlupflöcher offen lässt.
  • Mehrere Gemeinderäte im Publikum ätzten gegen die aktuelle Situation, dass sie über ein Informationsfreiheitsgesetz schon allein deswegen froh seien, weil sie dann endlich auch mal selbst Akteneinsicht bekommen würden. Ein Besucher mutmaßte in diesem Zusammenhang auch, dass es gar keinen so großen Konflikt zwischen Bürgern und dem Staat an sich gebe, sondern vielmehr mit der Exekutive auf der ein und der Legislative und den Bürgern auf der anderen Seite.

Zum Schluss der Diskussion lud Heike Meyer Josef Schmid noch ein, die CSU könne doch nach den Grünen, der ÖDP und den Piraten auch dem Bündnis Informationsfreiheit in Bayern beitreten – eine nette Geste.

Im Anschluss an die Veranstaltung gab es noch ein Buffet, das ich einfach gesondert erwähnen muss, weil es wirklich sehr lecker war. 🙂