Am Montag, den 25. Oktober, also gleich am Tag nach der Landesdelegiertenkonferenz, fand in München wieder eine Stadtversammlung statt. Sie führte das zwischenzeitlich ausgesetzte Prinzip des Stadtteil-Hoppings fort: Gastgeber war diesmal der OV Nord, der für die Stadtteile Moosach, Milbertshofen und Feldmoching-Hasenbergl zuständig ist und die Gelegenheit auch nutzte, die Stadtteile vorzustellen (und dabei bemüht war, gängige Klischees zum Hasenbergl auszuräumen).
Es standen keine hoch emotionalen Themen wie bei der letzten Versammlung auf dem Programm, was sich auch auf die Teilnehmerzahl niederschlug: etwa 60 Personen waren anwesend. Trotzdem, oder gerade deswegen, verlief die Versammlung sehr konstruktiv: es war auch mal Zeit, ausführlicher über Themen zu diskutieren, die sonst links liegen blieben.
Das Hauptthema des Abends war „Inklusion“ – also die gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen. Dazu kam der Behindertenbeauftragte der Stadt München, Oswald Utz, und stellte die politische Arbeit der Behindertenorganisationen vor, insbesondere des Behindertenbeirats (ein offizielles von der Stadt beauftragtes Gremium der Stadt, in dem sich Organisationen in diesem Fachgebiet einbringen können). Er forderte einerseits, dass die seit 2009 für Deutschland verbindlich geltende Behindertenrechtskonvention der UN auch konsequent umgesetzt wird (er lobte die Konvention in hohen Tönen, vermutete aber auch, dass sich viele UnterzeichnerInnen gar nicht bewusst waren, welche Hohe Standards dadurch gefordert würden). Andererseits rief er zu einem gesellschaftlichen Umdenken auf: Behinderte sollten nicht mehr in Parallelwelten abgedrängt werden (mit separaten Förderschulen, separaten Wohn-Großeinrichtungen, separaten Freizeiteinrichtungen und Arbeitsplätzen), sondern die Möglichkeit erhalten, in der Mitte der Gesellschaft zu leben, ohne dass jede einzeln dafür langwierig kämpfen muss. Der zugehörige Antrag (PDF) an die Stadtversammlung, der von der Stadtratsfraktion Einsatz für einen städtischen Aktionsplan zur Inklusion fordert, stieß auf große Zustimmung. Der Antrag wurde dahingehend ergänzt, dass der Stadtrat im Laufe des nächsten Jahres einen Bericht über die Erstellung des Aktionsplans liefern soll. Strittig war, inwieweit der Behindertenbeirat als zentraler Ansprechpartner für die Erstellung eines Aktionsplans gewürdigt werden sollte. Hier konnte aber die Mehrheit davon überzeugt werden, dass der Beirat hinreichend legitimiert ist. (Oswald Utz betonte eingangs insbesondere die Wichtigkeit eines zentralen Sprachrohrs aller Behindertenverbände, da es in der Vergangenheit bereits mehrfach vorgekommen sei, dass verschiedene Verbände gegeneinander ausgespielt wurden, z.B. Verbände der Blinden gegen die der RollstuhlfahrerInnen).
Heftig diskutiert wurde der (zuvor wiederholt aufgeschobene) Antrag (PDF) von Dominik Schott, sich für eine Änderung der aktuellen Praxis bei den Maklerprovisionen einzusetzen. Das Kernproblem ist, dass in heiß umkämpften Mietmärkten wie München Vermieter häufig Makler beauftragen, Mieter zu suchen, die Gebühren dafür aber der Mieterin auferlegt werden – obwohl der Makler eben im Interesse der Vermieterin handelt und verhandelt. Bei der Diskussion, zu der es rekordverdächtige 15 (oder mehr) Wortbeiträge gab, ging es im wesentlichen um die Frage, ob dies ein grundrechtlich vertretbarer Eingriff in die Vertragsfreiheit sei, und ob dies überhaupt für die MieterInnen den erwünschten Effekt hätte. Leider kam es dabei auch zu einem eher unnötigen persönlichen Gezanke zwischen Beppo und Dominik. Der Antrag wurde am Ende mehrheitlich angenommen.
Ein weiterer Antrag (PDF), gestellt von Hubert Marxmüller, forderte die Erstellung eines Netzzustandsbericht ähnlich dem in Berlin (PDF), welcher der Bevölkerung offen zugänglich sein soll. Hier gab es mehrere Rückfragen und Unklarheiten zu den Kosten und den Zuständigkeiten, im Grundsatz wurde der Antrag aber angenommen.
Kontroverser diskutiert wurde der letzte Antrag (PDF) über die Stadtwerke und die MVG. Kritisiert wurden die Bedingungen für das Personal und die fragwürdigen Profitmaximierungsstrategien. Der Antrag war allerdings in den konkreten Forderungen zunächst recht vage gehalten – erst auf konkrete Nachfrage machte der Antragssteller deutlich, dass er in der Konsequenz eine komplette Rückführung der GmbHs hin zur Stadt forderte – und nicht nur eine Stärkung der Aufsichtsmöglichkeiten und -pflichten der Stadträte. Zu dieser Forderung konnte sich die Stadtversammlung dann doch nicht bekennen: auch wenn sich viele ein anderes Konstrukt wünschten und einige sich auch zu Zeiten der Ausgliederung in eine GmbH gegen selbige aussprachen, mochte sich kaum einer ohne längeren Diskussionsprozess festlegen, ob eine komplette Rückabwicklung wünschenswert, geschweige denn juristisch möglich wäre. Der Antrag wurde daher vertagt.
Es folgte der Bericht der Rechnungsprüferin für das Geschäftsjahr 2009. Abgesehen von einigen kleineren Fehlern beim Kassenbuch (einige Mängel kamen mir dabei vom Animexx her durchaus bekannt vor – z.B. das Problem mit der Bestätigkeit von Thermopapier) war wohl alles in Ordnung, die Rechnungsprüferin empfahl die Entlastung des Vorstands.
Abschließend wurden noch die Ersatzdelegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg gewählt. Die Versammlung endete schließlich gegen 23 Uhr.