Bericht vom 1. Netzpolitischen Kongress der Grünen Bundestagsfraktion

Dieses Wochenende besuchte ich den zweitägigen Netzpolitischen Kogress der Grünen Bundestagsfraktion, der am 12. und 13. November im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags stattfand.

Der Kongress ist gut besucht – 500 Besucher waren es mindestens, davon übrigens auch eine ganze Reihe an Piraten und Mitglieder anderer Parteien. Auch der Livestream wurde wohl aktiv genutzt, wie man an der Menge an #nk10-Tweets feststellen konnte.

Der erste, etwas kürzere Tag bestand ausschließlich aus gesetzten Keynotes und Podiumsdiskussionen, die linear angeordnet waren. Am zweiten Tag gab es außerdem parallele Workshops sowie eine ganze Reihe an Barcamps. Das Konzept eines Barcamps war vielen Teilnehmern des Kongresses noch neu – es war wohl nicht nur der erste Netzpolitische Kongress, sondern auch das erste Barcamp überhaupt, das im Bundestag stattfand. Übrigens war es angeblich auch das erste Mal (und hier wird es fast schon peinlich), dass es weit gehend flächendeckendes, wenn auch nicht gerade perfekt funktionierendes W-LAN im Bundestag (oder zumindest im Paul-Löbe-Haus) gab.

Für leckere Snacks und Kaffee war gesorgt, ihren Club-Mate mussten sich die Piraten aber wohl noch selbst durch die Eingangskontrolle „schmuggeln“. Dass jeder die Saftgläser mit zu den Stühlen nehmen konnte, war wohl kein besonders geschickter Schachzug – es dürften wohl weit über ein Dutzend zerbrochen sein, da sie wie Stolperfallen überall verteilt herum lagen…

Vorbildlich war die Barrierefreiheit des Kongresses. Auffällig war beispielsweise, dass die komplette Veranstaltung live in Gebärdensprache gedolmetscht wurde – und das Angebot wurde auch genutzt. Außerdem gab es eine Kinderbetreuung, um Eltern den Besuch einfacher zu gestalten.

Eine fast schon babylonische Verwirrung gab es bei „Du/Sie-Frage“ – während unter Parteifreunden das „Du“ üblich ist, wurde es hier bei einem großen Teil der Veranstaltungen immer wieder aufs Neue verhandelt, ob man nun beispielsweise Peter Schaar duzen kann oder nicht.

Erwähnenswert ist auch der für eine netzpolitische Veranstaltung recht ungewöhnliche Ausklang der Veranstaltung: im „Zapata“, einer alternativen Bar, heruntergekommen wirkend, verraucht (auch, aber nicht nur Tabak), und ohrenbetäubender aber ansprechender Livemusik. Kurz: die angekündigte „Party“ war tatsächlich eine. 🙂

Eröffnung

Nach einer kurzen Eröffnung durch Konstantin von Notz hielt erst einmal Renate Künast eine Rede über die Bedeutung des Internets. Das Internet hat in den letzten 20 Jahren die gesamte Gesellschaft verändert, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden und hat vor allem ganz wesentlichen Einfluss auf den politischen Prozess. Wo es in den Gründungszeiten der Grünen noch als ehrgeizig galt, eine Demo innerhalb von 6 Wochen aufzuziehen, sei dies heute mitunter schon an einem Tag möglich, wenn das Thema emotional genug ist. Sie forderte ein „Informationsfreiheitsgesetz 2.0“, also Fortschritte in Richtung Open Data. Auch Hartz IV-Empfänger müssten ein Anrecht auf Internetzugang haben und der Verbraucherschutz im Netz müsse gestärkt werden. Sie zeigte Sympathien für die Idee des Datenbriefs des CCC, der Idee des digitalen Radiergummis teilte sie, wie auch der VDS und den Netzsperren eine klare Absage („wie Tipp-Ex auf dem Bildschirm…“).

Man merkte ihrer Rede aber auch an, dass sie sich in dem ganzen Thema nicht so ganz heimisch fühlte. Und mit dem Bild von der „Verrauchten Hafenkneipe“, als die sich manche das Internet wünschten, hat sie wohl verschiedenen Tweets zufolge ein neues Meme ins Leben gerufen…

Internet und Gesellschaft

Es folgte ein Vortrag von Saskia Sassen, einer Soziologie-Professorin an der Columbia University in New York. Sie sprach darüber, wie moderne Gesellschaften lose verknüpfte soziale Gefüge hervorbringen und wie hier Netzwerktechnologien genutzt werden können, die Gesellschaft voran zu bringen. Insbesondere sah sie Möglichkeiten, Techniken gerade der Finanzindustrie durch Arme und Machtlose (sie hatte hier vor allem Slums in Mega-Cities im Auge) zu übernehmen.

Der Vortrag war zwar recht engagiert und ihr ständiger Wechsel zwischen Englisch und Deutsch war nett anzuhören, aber leider hatte ich mitunter das Gefühl, dass dem Vortrag etwas das Konkrete, die Kernaussage fehlte.

Urheberrecht

Sehr spannend war der Vortrag von Prof. Reto Hilty vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum. Er stellte überzeugend dar, wie das Urheberrecht in der gelebten Form vor allem den Verwertern, weniger aber den Urhebern selbst nützt, und der Ehrlichkeit halber eher wie der utilitaristische Ansatz wie das anglo-amerikanische Copyright behandelt werden sollte. In seinen Augen behindert das Urheberrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung in vielfacher Weise den freien Wettbewerb, mit all den negativen Folgen, die sich aus einem Marktversagen ergeben. Firmen, die sich keinem Wettbewerb stellen müssen, hielten unflexibel an veraltenden Geschäftsmodellen fest. Die Musikindustrie betrieb beispielsweise lange ausschließlich Besitzstandwahrung durch Ausweitung der Schutzrechte und Einführung von DRM. Gegen Leistungsschutzrechte sprach er sich nicht grundsätzlich aus – insbesondere zeigte er ein gewisses Verständnis für den Verdruss der Zeitungsverleger, denen durch Angebote wie Google News ertragreicher Traffic entzogen würden. Problematisch an Leistungsschutzrechten sei aber, dass diese den Verwertern noch mehr Macht zuspielen – durch gängige Total-Buy-Out Verträge seien diese ohnehin bereits in einer zu starken Position. Noch viel schlimmer als bei Musik, Film oder Zeitungen wirkt sich dieses bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus. Wissenschaftler, deren Erfolg sich häufig anhand der Veröffentlichungen in angesehenen Publikationen bemisst, seien quasi gezwungen, Exklusivverträge einzugehen, die sie häufig sogar davon abhalten, ihre Forschungsergebnisse auf ihrer private Website zu veröffentlichen. Auf der anderen Seite hätten Bibliotheken und Universitäten keine andere Wahl als die dann zu überhöhten Preisen angebotenen Publikationen zu kaufen. Hier plädierte Hilty wieder für Maßnahmen, die für mehr Wettbewerb sorgen sollten – insbesondere sprach er sich für die Möglichkeit einer Zwangslizenzierung aus, wie es sie bei Verwertungsgesellschaften wie z.B. der GEMA derzeit gibt.

Bei der anschließenden Diskussionsrunde kritisierte der Hamburger Justizsenator Till Steffen die gängige Abmahnpraxis, die im besonderen Maße zum Akzeptanzverlust des Urheberrechts geführt hat. Das Urheberrecht sei viel zu undifferenziert, da es ein schnell mal angefertigtes Foto auf gleiche Weise wie einen aufwändig produzierten Film behandele. Es stößt außerdem bei der verbreiteten Remix-Kultur an seine Grenzen und sorgt in seiner strengen Auslegung mit den Schutzrechten unter anderem dazu, dass heute „Brecht toter als Schiller“ ist. Künstler sollten auf alle Fälle weiter entscheiden können, ob ein Werk veröffentlicht werden soll – aber auf das „wie“ solle es künftiger weniger Einfluss geben.

Zum Abschluss des Urheberrechts-Blocks und zum Ausklang des ersten Tages unterhielt sich Claudia Roth noch auf recht lockere Weise mit dem Musikproduzenten Prof. Tim Renner über die heutigen Möglichkeiten für Musiker, von ihren Werken zu leben. Für sehr kleine Bands bietet das Internet sehr gute Möglichkeiten, sich überhaupt erst einmal eine gewisse Bekanntheit aufzubauen. Auch die großen Stars könnten heute viele Tätigkeiten selbst in die Hand nehmen und ihre Position gegenüber den Labels so stärken. Sehr schwierig sei es dagegen für kleinere Bands, die zwar schon von ihrer Musik leben wollen, aber auch keine großen Stars sind. Im Gegensatz zu letzteren, die für einen Auftritt in einer Olympiahalle leicht mal eben 150€ verlangen könnten, haben sie größere Probleme als früher, auch bei nur 15€ Eintritt noch genügend Besucher zu bekommen. Künstler müssten sich daher stärker auch kaufmännisch in eigener Sache betätigen und häufig in mehreren Bands gleichzeitig mitwirken, um davon leben zu können. Auf der anderen Seite gäbe es heute zwar weniger Indie-Labels als früher, diese begriffen sich aber stärker als reine Dienstleister für ihre Künstler – ein durchaus positiver Trend.
Besonders schön war das Gespräch, da Claudia Roth mit ihrer früheren Band „Ton Steine Scherben“ ja selbst einen vergleichbaren Hintergrund hat und das ganze daher häufig einen fast schon nostalgischen Beigeschmack bekam.

Geschäftsmodelle

Markus Beckedahl stellte in seinem Vortrag über „Offene Geschäftsmodelle im Internet“ zunächst offene Lizenzen vor, insbesondere die Creative Commons. Dann erzählte er von vielen Beispiel, bei denen sich durch die Nutzung des Internets und seines offenen Charakters neue Geschäftsmodelle ergaben. Früher gab es mit SuSE, Redhat etc. käufliche Linux-Distributionen – heute wird über Open-Source-Software eher über maßgeschneiderte Dienstleistungen Geld verdient. Magnatude verdient viel über Musik-Pauschallizenzen an Filmproduzenten, der MakerBot sei ein neues Konzept, das über seine offenen CAD-Daten Kreativität fördere, das Diaspora-Projekt sei ein erfolgreiches Beispiel für Crows-Funding und Cory Doctorow stelle seine Bücher auch unter einer CC-Lizenz online, was seinen Erfolg eher nütze als schade.

Christian Kroll stellte sein eigenes Projekt vor, die Suchmaschine Ecosia. Diese bezieht ihre Suchergebnisse von Yahoo und Bing!, finanziert sich über Werbeeinblendungen wie bei Google, nutze die Gewinne aber dafür, um ein Regenwald-Projekt des WWF zu unterstützen. Er sieht seine Firma damit als Mittelding aus kommerzieller Firma und gemeinnütziger Organisation.

Datenschutz

In „Welches Update braucht der Datenschutz?“ sprach der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar über die neuen Herausforderungen für den Datenschutz. Von dem Vortrag bekam ich leider nur wenige Teile mit, da ich in andere Gespräche vertieft war… Er verteidigte zumindest auch seinen zuletzt eingeschlagenen pragmatischen Kurs in der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, eine Mini-VDS von ein bis zwei Wochen zu fordern, die dann ein weiteres Verfahren wie Quick Freeze ermögliche. Er verteidigte diese Forderung vor allem damit, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Vorratsdatenspeicherung einfach nicht mehr zu verhindern sei und er dann lieber darauf hinwirke, dass unter diesen Voraussetzungen noch eine möglichst gute Lösung zustande käme, als mit einer kompletten Ablehnung zwar ein reines Gewissen zu haben, aber letztlich nichts zu bewirken.

Grundgesetz

Als eines der Highlights des Kongresses wird wohl allgemein die Keynote von Prof. Susanne Baer angesehen, die zum Thema „Braucht das Grundgesetz ein Update?“ referierte. Sie wurde gerade vor ein paar Tagen erst als Richterin zum Bundesverfassungsgericht berufen, was es für sie wohl um einiges heikler machte, über mögliche Unzulänglichkeiten zu sprechen. Aber sie argumentierte ohnehin sehr präzise, warum das Grundgesetz recht gut gut geeignet ist, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, gerade weil es eben nicht alles bis ins Detail regeln will, sondern vielmehr ein Framework bereit stelle, auf dessen Basis die konkretere Gesetzgebung und Rechtsprechung arbeiten könne. Ein kritischer Punkt sei aber die Frage, inwieweit das Grundgesetz verhindern könne, dass ein „Netz-Prekariat“ entstehe, sich der Digital Divide zwischen den Altersgruppen, den Einkommensschichten und verschiedenen Regionen noch verstärke. Sollte das Grundgesetz nicht gleiche Teilhabechancen sicherstellen können, bräuchte es möglicherweise in der Tat ein Update. Kurz sprach sie auch über Gefahren im Internet, wobei sie vielfach darauf hinwies, dass die Thematisierung der Probleme vor allem ihrer Tätigkeit als Juristin geschuldet sei – eigentlich müsse sie nach jedem Satz mindestens einmal „Das Netz ist super!“ rufen, um es angemessen zu würdigen. Trotzdem bestand sie darauf, auch nach einiger kritischen Nachfrage durch Jörg Tauss, dass das Internet nicht ausschließlich ein neutrales Abbild der Wirklichkeit sei, sondern (in Anlehnung an „The medium is the massage“) wie jedes Vermittlungsmedium auch in seiner Funktion als Medium Einfluss auf die transportierten Inhalte hätte. Die Anonymität sorge mitunter für einen raueren Umgangston, das Grundgesetz müsse aber trotzdem für Gewaltfreiheit sorgen. Das Grundgesetz wolle die Freiheit des Einzelnen sicherstellen – stütze sich dabei aber nicht auf den anarchischen Freiheitsbegriff, auch nicht den Neoliberalen, sondern auf eine sozial situierte Freiheit.

Demokratie und Internet

In mehreren Vorträgen und Workshops wurde der Themenkomplex Open Data und Open Government behandelt – insbesondere wurde deutlich gemacht, worin der Nutzen an Open Data liegt, einem Konzept, das vielen noch wenig bekannt ist (wo wir hier in Bayern ja als eines der letzten Bundesländer noch nicht einmal ein landesspezifisches Informationsfreiheitsgesetz haben). Wichtig ist, dass verschiedenste Daten aktiv von den Behörden veröffentlicht werden (nicht nur auf Einzelfallbasis, wenn BürgerInnen explizit nach diesem einen Datenset fragen) und diese in standardisierter maschinenlesbarer Form kosten- und diskriminierungslos veröffentlichen. Ab dann kann die Kreativität der BürgerInnen dafür sorgen, dass Anwendungen aus diesen Daten entstehen, an die man sonst gar nicht gedacht hätte – in anderen Ländern entstanden beispielsweise kleine, praktische Handy-Apps, die die jeweils nächste öffentliche Toilette, den nächsten Briefkasten etc. anzeigen. Um solche Anwendungen zu fördern, scheinen sich Wettbewerbe wie das aktuelle „Apps 4 Berlin“ gut zu eignen – wobei die Bekanntheit solcher Aktionen noch zu wünschen übrig lässt (eine Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses im Publikum wusste bis dahin beispielsweise noch gar nichts von dem Projekt; mir selbst war neu, dass in München auch etwas in diese Richtung geplant ist). Neben solcher (häufig vor allem auf kommunaler Ebene) praktischer Anwendungen sorgen offene Daten natürlich auch für mehr Transparenz und einem höheren Maß an öffentlicher Kontrolle – als positives Beispiel wurde hier eine Aktion des Guardians dargestellt, der die Spesenabrechnung der Abgeordneten veröffentlichte, tausende an Seiten, und in dem die Bürger in einer „Crowd-Sourcing-Aktion“ viele Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden.

In dem Diskussionspanel „Demokratie und Internet“, in dem unter anderen Jürgen Trittin und Annette Mühlbeck von ver.di diskutierten, ging es vor allem um die Chancen von ePartizipation. Diese kann für eine höhere Legitimation der politischen Entscheidungen sorgen, wenn möglichst viele Bürger möglichst frühzeitig beteiligt werden. Allerdings berge eine ausschließliche Ausrichtung auf Partizipation über das Internet auch die Gefahr, dass vor allem diejenigen Bevölkerungsschichten wahrgenommen werden, die sich überdurchschnittlich gut im Internet artikulieren können – es muss unbedingt sichergestellt werden, dass auch die weiterhin vorhandenen Offliner Gehör finden. Recht harsche Kritik übte Annette außerdem noch an den bestehenden Form von ePartizipation, insbesondere an der ePetition des Deutschen Bundestags – diese stelle de facto eine nicht akzeptable Abschaffung des Datenschutz dar.

Café

Politische Bildungsreise – Besuch bei Jerzy Montag vom 27. – 30. Oktober

Nach der leider geplatzten Reise zum EU-Parlament im September hatte ich mich dazu entschlossen, der Einladung in der Grünen Wochenübersicht zu einer Bildungsreise nach Berlin zu folgen. Geladen hatte Jerzy Montag, organisiert wurde die Reise von Sebastian Weisenburger und, wie bei solchen Reisen nach Berlin üblich, das Bundespresseamt. Letzteres übernahm dabei auch die Finanzierung und, das muss man anerkennen, es lässt sich dabei nicht lumpen: Abgesehen von einem geringen Eigenbeitrag von 20 EUR übernahm es die komplette Fahrt, die Kosten der Hotel-Doppelzimmer, der Verpflegung vor Ort (hauptsächlich wirklich sehr gute Buffets) sowie die Führung.

Die Reisegruppe bestand aus etwa 50 Personen, wobei das Angebot offenbar überwiegend von SeniorInnen genutzt wird. Einige JournalistInnen und StudentInnen waren dabei, für mich überraschend wenig bekannte Gesichter aus der Partei.

Der erste Tag der Reise war geprägt vom Konflikt um die Laufzeitverlängerung. Schon bei der Stadtrundfahrt am Vormittag waren an verschiedenen Stellen in Berlin Protestaktionen zu sehen: Greenpeace demonstrierte gerade vor der CDU-Zentrale, eine Kundgebung am Brandenburger Tor, und schließlich die große Demonstration vor dem Bundestag. Dort hatten wir Glück im (wenn man den traurigen Anlass bedenkt) Unglück: die Bundestagsdiskussion um die Laufzeitverlängerung hatte sich unvorhergesehener weise so weit in die Länge gezogen, dass wir die persönlichen Stellungnahmen der Abgeordneten zu diesem hoch spannenden Thema noch live miterleben konnten. Diese Möglichkeit der persönlichen Stellungnahmen nahmen hauptsächlich die Abgeordneten unserer Fraktion wahr – auch von der SPD kamen gute Statements. Besonders erwähnenswert ist dabei der hitzige Auftritt von Marco Bülow (der mir durch sein selbstkritisches Buch „Wir Abnicker“ bereits ein Begriff war), der sich um ein Haar mit Kauder geprügelt hätte…

Das anschließende Gespräch mit Jerzy Montag wurde dadurch leider auf wenige Minuten gestaucht; dass ihm die Abstimmung über das Gesetz wichtiger war als der Termin mit unserer Gruppe, sei ihm (gerade noch so 😉 ) verziehen. Dafür gab es anschließend noch ein gemeinsames Sight-Seeing und ein Gruppenfoto auf der Reichstagskuppel.

Ein unerwartetes Highlight war der Besuch bei der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb). Nach einer kurzen Erklärung über die Aufgaben des Instituts referierte ein Mitarbeiter äußerst fachkundig über Migration, besonders über die zurzeit intensiv diskutierten Probleme mit der Integration. Ohne Beschönigung oder Schwarzmalerei stellte er die Erfolge des „Integrationsweltmeisters“ Deutschland dar (seit ’45 seien über 25 Mio. Menschen eingewandert), die Probleme, und rückte nebenbei vieles in ein neues Licht (so sei beispielsweise gerade die CDU „die Multi-Kulti-Partei“ – die meiste Einwanderung habe es unter CDU-geführten Regierungen gegeben). Er ging dabei besonders auf die Situation in Berlin ein, und stellte gerade am Beispiel Neukölln dar, wie sehr viele der heute existierenden Probleme (hohe Arbeitslosigkeit, kriminelle Banden) durch schlechte bzw. nicht existierende Integrationspolitik hausgemacht sind. An Hand dem Verlauf der öffentlichen Diskussion wies er auf eine seiner Meinung nach schleichende Entsolidarisierung der Gesellschaft hin und warnte vor dem Reflex, in Krisenzeiten nach Sündenböcken zu suchen (beispielsweise wenn in Zeiten der Finanzkrise ein besonders Migranten-kritisches Buch gerade von einem Banker geschrieben wird…)

Eher mäßig interessant war der Besuch beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (bpa), das vorher seitens der bpb noch als „die eigentliche Propagandaorganisation der Bundesregierung“ angekündigt wurde. Abgesehen von der natürlich sehr tollen Arbeit in der Durchführung solcher Bildungsreisen und der Veröffentlichung von Informationsbroschüren und Online-Magazinen beschränkt sich die Arbeit vor allem darin, die Nachrichten der sieben größten Nachrichtenagenturen auszuwerten und für die Kanzlerin (sie bekommt vom bpa ~50 SMS zwei Kanzlerinnenmappen pro Tag) und verschiedene Minister persönlich aufzubereiten. Größer eigenständige Recherche betreibt das Amt dabei nicht. Aufgefallen ist mir beim bpa aber, dass hier die Sprache so gut wie in keiner anderen besuchten Einrichtung durchgegendert war.

Neben den politischen Einrichtungen besuchten wir natürlich auch mehrere Museen und Denkmäler: das Dokumentationszentrum Topografie des Terrors (dank der Führung war diese Ausstellung über die NS-Täter höchst interessant. Ohne Führung wäre die Ausstellung wohl eher sehr trocken gewesen), das umstrittene, meiner Meinung nach aber sehr beeindruckende Denkmal der ermordeten Juden Europas und die Gedenkstätte Berliner Mauer.

Ein herzlicher Dank geht an Sebastian fürs Organisieren und unsere Reiseführerin vor Ort, die zwar mitunter etwas genervt wirkte, uns aber drei hoch spannende Tage mitbeschert hat.

Arbeitsweise des Präsidiums auf der Stadtversammlung der Münchner Grünen

Die folgenden Notizen stammen von einem Workshop, den unser „Elite-Präsidiumsmitglied“ Jürgen vor ein paar Monaten hielt.

Funktion / Zusammensetzung des Präsidiums

  • Die grundsätzliche Aufgabe des Präsidiums ist es, die Stadtversammlung neutral zu Moderieren.
  • Für jede Versammlung wird ein neues Präsidium gewählt.
  • Das Präsidium umfasst meiste 3-5 Personen, wobei idealerweise Mitglieder mit viel und wenig Präsidiumserfahrung gemischt werden.

Vorbereitung der Tagesordnung

  • Es gibt etwa 1-2 Stunden vor der Stadtversammlung eine Vorbesprechung.
  • Dabei sollten vom Stadtbüro oder der Landesgeschäftsstelle die neusten Informationen über weitere Anträge bzw. neue Änderungsanträge angefordert / geliefert werden.
  • Die Anträge werden systematisiert (Welche Anträge schließen sich gegenseitig aus? Welcher Antrag stellt eine weiter gehende Fassung eines anderen dar?). Daraus muss abgeleitet werden, in welcher Form und Reihenfolge die Anträge abgestimmt werden. Wenn ein Antrag weiter geht als der andere, sollte über diesen zuerst abgestimmt werden.
  • Außerdem wird ein Vorschlag erarbeitet, wie über die Anträge diskutiert wird, also wie viele Redebeiträge mir welcher Redezeit zugelassen werden, ob die Redebeiträge quotiert sind, ob es gesetzte Redebeiträge gibt.
  • Bei (Personen-)Wahlen: sichten, wer (voraussichtlich) kandidiert. Abmachen, in welcher Reihenfolge die KandidatInnen sich vorstellen, welche Redezeit sie haben, ob es eine anschließende Personaldebatte geben soll. Die Redezeit muss den KandidatInnen möglichst früh mitgeteilt werden. Einen Vorschlag für den Wahlmodus (einzeln über die KandidatInnen abstimmen oder Zustimmungsblockwahl) ausarbeiten.
  • Bei schriftlichen Abstimmungen / Wahlen: vor der Versammlung die Abstimmungsbehälter / -boxen vom Stadtbüro besorgen.
  • Absprechen, wer welchen Tagesordnungspunkt moderiert.

Eröffnung

  • Die Versammlung wird vom Vorstand vorgeschlagen. Dieser schlägt das Präsidium vor, die Versammlung stimmt über diesen Vorschlag ab. Das Präsidium kommt erst dann nach vorne und übernimmt ab dann die Moderation.
  • Die Tagesordnung wird vom Präsidium vorgelesen. Änderungsanträge werden abgefragt, dann muss die Versammlung über die Tagesordnung abstimmen.

Anträge

  • Zunächst die Versammlung über das vorgeschlagene Vorgehen (wie viele Redebeiträge, Art der Abstimmung) abstimmen lassen
  • Zumeist gibt es zwei Redelisten (Nicht: „Rednerliste“!), eine für Frauen, eine offene Liste. Sie werden abwechselnd aufgerufen. Wenn die kürzere abgearbeitet ist, keine weiteren Beiträge mehr – es sei denn, es wird durch einen GO-Antrag explizit erlaubt.
  • Neue Änderungsanträge während der Diskussion sind nur in leserlicher Schriftform zulässig. Bei Änderungsanträgen zunächst Gegenreden abrufen („Formal“ ist eine Gegenrede ohne Erläuterung)
  • Bei den Abstimmungen zunächst die Änderungsanträge abarbeiten. Die Antragsstellerin des ursprünglichen Antrags fragen, ob der Änderungsantrag übernommen wird. Wenn nicht, wird darüber abgestimm.

Wahlen

  • Zunächst darüber abstimmen, dass das Präsidium gleichzeitig Wahlausschuss ist.
  • Helfer zum Einsammeln der Wahlzettel bestimmen.
  • Die eingesammelten Wahlzettel gehen nach der Auszählung an die ProtokollantIn.
  • Zunächst das zu wählende Amt benennen, dann die KandidatInnen alphabetisch vorlesen. Fragen, ob es weitere Kandidaturen gibt. Erst dann die KandidatInnenliste schließen und zur Vorstellung übergehen.
  • Wenn es eine Personaldebatte gibt, können die Anwesenden im Anschluss an die Vorstellung Fragen und Anmerkungen zu den KandidatInnen stellen. Darauf achten, dass es zu keinen Beleidigungen kommt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass bei wichtigeren Ämtern die KandidatInnen auch aktiv bestimmte Fragen stellen lassen, um mehr Vorstellungszeit zu haben.
  • Die Anwesenden fragen, ob sie bereit sind, zu wählen.
  • Den Anwesenden die Abstimmung erklären. „Enthaltung“ muss explizit auf dem Zettel stehen, um als Enthaltung zu zählen, leere Zettel sind ungültig (macht einen Unterschied bei der Erlangung der absoluten Mehrheit oder bei Quoren). Die Nummer des Wahlgangs muss auf dem Zettel stehen. Vorsicht wenn mehrere KandidatInnen den gleichen Vornamen haben – dann reicht der Vorname auf dem Zettel nicht.
  • Stimmzettel einsammeln lassen. Den Wahlgang anschließend explizit schließen.
  • Beim Auszählen sollte die Hälfte des Präsidiums weiter anwesend sein, nicht alle auszählen.
  • Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses die Gewählten explizit fragen, ob sie die Wahl annehmen.

Geschäftsordnungsanträge

  • GO-Anträge werden angemeldet, indem beide Hände gehoben werden.
  • Es gibt im wesentlichen GO-Anträge auf…
    • … Rückholung eines Tagesordnungspunkts
    • … Änderung des Verfahrens
    • … Nichtbefassung, nach einer Antragsvorstellung
    • … Vertagung
    • … Sofortige Abstimmung
    • … Feststellung d. Beschlussfähigkeit (braucht keine Mehrheit. Ubliches Vorgehen: Feststellung im Rahmen der nächsten regulären Abstimmung)
    • … Misstrauensantrag gegen das Präsidium
    • … Aufteilung eines Antrags

Wichtigste Verhaltensregeln

  • Das Präsidium nimmt keine eigenen Redebeiträge vor.
  • Unauffällig abstimmen, um nach außen hin möglichst neutral zu erscheinen.
  • Fehler einräumen.
  • Es ist zulässig, sich bei Unklarkeiten kurz zurückzuziehen.

Bericht: LAK Medien- und Netzpolitik am 22. Oktober

Am Vorabend der Landesversammlung, also am 22. Oktober, tagte in Würzburg auch wieder der LAK Medien- und Netzpolitik. Anwesend waren zehn Personen, darunter auch ein Würzburger „Ehrengast“: Herbert Schmidt, der sich im Würzburger Raum intensiv dafür einsetzt, Senioren das Internet näher zu bringen, beispielsweise in Form eines ehrenamtlich organisierten Senioren-Internet-Cafes. Daneben führt er das Blog Seniorenforum Würzburg – er bestritt aber, „Würzburgs ältester Twitterer“ zu sein, wie wohl manchmal bezeichnet wird…

Sascha berichtete von der zweitägigen Sitzung der BAG Medien. Dort wurden schwerpunktmäßig zwei Themen besprochen: die Netzneutralität sowie der Rundfunkstaatsvertrag.

Ein Schwerpunkt der LAK-Sitzung war die Ideensammlung für den dritten Zukunftskongress – der im Mai 2011 in Augsburg zum Thema Netzpolitik veranstaltet werden soll, und in den sich unser LAK auch aktiv einbringen will. Wir sammelten Ideen für Themen (es kamen über ein Dutzend heraus, was wohl zu viel für einen einzelnen Kongress sein wird) und verteilten sie – jedes LAK-Mitglied soll ein paar Themen konkreter ausformulieren und sich Gedanken machen, wie ein konkretes Panel im Rahmen des Kongresses aussehen könnte. „Deadline“ dafür ist Januar 2011.

Eher kurz angesprochen wurde das weitere Vorgehen bzgl. des geplanten Positionspapiers zur Netzpolitik sowie die geplante Veranstaltungsreihe „Analog-Digitales Sofa“.

Erfreut stellten wir außerdem fest, dass das Interesse an unserem LAK auch weit über die eigene Partei hinaus reicht – an dieser Stelle einen herzlichen Gruß an den mutmaßlichen Leser dieses Blogs aus der Landtags-CSU 🙂

Stadtversammlung am 25. Oktober ’10

Am Montag, den 25. Oktober, also gleich am Tag nach der Landesdelegiertenkonferenz, fand in München wieder eine Stadtversammlung statt. Sie führte das zwischenzeitlich ausgesetzte Prinzip des Stadtteil-Hoppings fort: Gastgeber war diesmal der OV Nord, der für die Stadtteile Moosach, Milbertshofen und Feldmoching-Hasenbergl zuständig ist und die Gelegenheit auch nutzte, die Stadtteile vorzustellen (und dabei bemüht war, gängige Klischees zum Hasenbergl auszuräumen).

Es standen keine hoch emotionalen Themen wie bei der letzten Versammlung auf dem Programm, was sich auch auf die Teilnehmerzahl niederschlug: etwa 60 Personen waren anwesend. Trotzdem, oder gerade deswegen, verlief die Versammlung sehr konstruktiv: es war auch mal Zeit, ausführlicher über Themen zu diskutieren, die sonst links liegen blieben.

Das Hauptthema des Abends war „Inklusion“ – also die gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen. Dazu kam der Behindertenbeauftragte der Stadt München, Oswald Utz, und stellte die politische Arbeit der Behindertenorganisationen vor, insbesondere des Behindertenbeirats (ein offizielles von der Stadt beauftragtes Gremium der Stadt, in dem sich Organisationen in diesem Fachgebiet einbringen können). Er forderte einerseits, dass die seit 2009 für Deutschland verbindlich geltende Behindertenrechtskonvention der UN auch konsequent umgesetzt wird (er lobte die Konvention in hohen Tönen, vermutete aber auch, dass sich viele UnterzeichnerInnen gar nicht bewusst waren, welche Hohe Standards dadurch gefordert würden). Andererseits rief er zu einem gesellschaftlichen Umdenken auf: Behinderte sollten nicht mehr in Parallelwelten abgedrängt werden (mit separaten Förderschulen, separaten Wohn-Großeinrichtungen, separaten Freizeiteinrichtungen und Arbeitsplätzen), sondern die Möglichkeit erhalten, in der Mitte der Gesellschaft zu leben, ohne dass jede einzeln dafür langwierig kämpfen muss. Der zugehörige Antrag (PDF) an die Stadtversammlung, der von der Stadtratsfraktion Einsatz für einen städtischen Aktionsplan zur Inklusion fordert, stieß auf große Zustimmung. Der Antrag wurde dahingehend ergänzt, dass der Stadtrat im Laufe des nächsten Jahres einen Bericht über die Erstellung des Aktionsplans liefern soll. Strittig war, inwieweit der Behindertenbeirat als zentraler Ansprechpartner für die Erstellung eines Aktionsplans gewürdigt werden sollte. Hier konnte aber die Mehrheit davon überzeugt werden, dass der Beirat hinreichend legitimiert ist. (Oswald Utz betonte eingangs insbesondere die Wichtigkeit eines zentralen Sprachrohrs aller Behindertenverbände, da es in der Vergangenheit bereits mehrfach vorgekommen sei, dass verschiedene Verbände gegeneinander ausgespielt wurden, z.B. Verbände der Blinden gegen die der RollstuhlfahrerInnen).

Heftig diskutiert wurde der (zuvor wiederholt aufgeschobene) Antrag (PDF) von Dominik Schott, sich für eine Änderung der aktuellen Praxis bei den Maklerprovisionen einzusetzen. Das Kernproblem ist, dass in heiß umkämpften Mietmärkten wie München Vermieter häufig Makler beauftragen, Mieter zu suchen, die Gebühren dafür aber der Mieterin auferlegt werden – obwohl der Makler eben im Interesse der Vermieterin handelt und verhandelt. Bei der Diskussion, zu der es rekordverdächtige 15 (oder mehr) Wortbeiträge gab, ging es im wesentlichen um die Frage, ob dies ein grundrechtlich vertretbarer Eingriff in die Vertragsfreiheit sei, und ob dies überhaupt für die MieterInnen den erwünschten Effekt hätte. Leider kam es dabei auch zu einem eher unnötigen persönlichen Gezanke zwischen Beppo und Dominik. Der Antrag wurde am Ende mehrheitlich angenommen.

Ein weiterer Antrag (PDF), gestellt von Hubert Marxmüller, forderte die Erstellung eines Netzzustandsbericht ähnlich dem in Berlin (PDF), welcher der Bevölkerung offen zugänglich sein soll. Hier gab es mehrere Rückfragen und Unklarheiten zu den Kosten und den Zuständigkeiten, im Grundsatz wurde der Antrag aber angenommen.

Kontroverser diskutiert wurde der letzte Antrag (PDF) über die Stadtwerke und die MVG. Kritisiert wurden die Bedingungen für das Personal und die fragwürdigen Profitmaximierungsstrategien. Der Antrag war allerdings in den konkreten Forderungen zunächst recht vage gehalten – erst auf konkrete Nachfrage machte der Antragssteller deutlich, dass er in der Konsequenz eine komplette Rückführung der GmbHs hin zur Stadt forderte – und nicht nur eine Stärkung der Aufsichtsmöglichkeiten und -pflichten der Stadträte. Zu dieser Forderung konnte sich die Stadtversammlung dann doch nicht bekennen: auch wenn sich viele ein anderes Konstrukt wünschten und einige sich auch zu Zeiten der Ausgliederung in eine GmbH gegen selbige aussprachen, mochte sich kaum einer ohne längeren Diskussionsprozess festlegen, ob eine komplette Rückabwicklung wünschenswert, geschweige denn juristisch möglich wäre. Der Antrag wurde daher vertagt.

Es folgte der Bericht der Rechnungsprüferin für das Geschäftsjahr 2009. Abgesehen von einigen kleineren Fehlern beim Kassenbuch (einige Mängel kamen mir dabei vom Animexx her durchaus bekannt vor – z.B. das Problem mit der Bestätigkeit von Thermopapier) war wohl alles in Ordnung, die Rechnungsprüferin empfahl die Entlastung des Vorstands.

Abschließend wurden noch die Ersatzdelegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg gewählt. Die Versammlung endete schließlich gegen 23 Uhr.

Landesversammlung in Würzburg

Am 23. und 24. Oktober war sie endlich, die lang erwartete Landesdelegiertenkonferenz. Lang erwartet deshalb, weil die Wahlen der Münchner Delegierten ungewöhnlich früh stattfanden und man nach der Wahl (siehe meinen früheren Blog-Eintrag dazu) gute drei Monate Zeit zur Vorbereitung auf die Konferenz hatte.

Vorbereitungen

Die beiden Hauptanträge der Versammlung hatten eine recht lange Vorlaufzeit und wurden im Vorfeld bereits intensiv diskutiert:

  • Der wachstumskritische Antrag „Besser ist mehr“ geht unter anderem auf den ersten „Zukunftskongress“ in Fürth zurück, in dem die Wachstumsfrage diskutiert wurde. Verschiedene Arbeitskreise steuerten Textbausteine bei, die vom Landesvorstand in eine erste Rohfassung des Antrags zusammengefasst wurden. Wieder berieten verschiedene Arbeitskreise darüber, reichten wie viele andere in einem offenen Antragstool Kommentare ein (was in dieser Menge wohl bereits zu einem kleinen Änderungs-Chaos führte). Der daraus resultierende Antrag (A1) wurde unter anderem in einigen Ortsverbänden diskutiert. Bis zur Konferenz gab es 9 formale Änderungsanträge, die zum Teil auch wieder revidiert wurden; einige davon flossen in eine weitere Revision des ursprünglichen Antrags (A1neu) ein, über andere musste dann auf der LDK tatsächlich abgestimmt werden.
  • Der zweite Antrag, zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche, hatte etwa zwei Jahre Vorlauf. Anlass waren die harschen Reaktionen der Presse und politischen Konkurrenz auf den damaligen Beschluss über religiöse Symbole, die wohl für manche noch ein kleines Trauma darstellen. Es wurde eine Kommission eingerichtet, die über zwei Jahre hinweg verschiedenste Gruppierungen und Strömungen anhörte und schließlich systematisch die konsensfähigen Positionen innerhalb der Partei darlegte und die Konfliktstellen benannte. Der Antrag diente hier hauptsächlich dem Zweck, sicherzustellen, dass der angefertigte Kommissionsbericht auch tatsächlich der in der Parteibasis mehrheitlich vorhandenen Meinung entspricht. Dazu wurde er auch in mehreren Veranstaltungen wie z.B. Ortsverbands-Sitzung vorab diskutiert. Es gab auch noch drei weitere Anträge zu diesem Thema, die teils eine deutlich schärfere Gangart gegenüber der Kirche forderten oder das Thema gar nicht zur Entscheidung bringen wollten – es war abzusehen, dass sich dieser Antrag durchsetzen würde, weswegen sich auch die 7 Änderungsanträge auf diesen bezogen.

Neben der inhaltlichen gab es aber natürlich auch rein organisatorische Vorbereitungen – Zug-Gruppen-Tickets besorgen, Hotelzimmer buchen… hier engagierten sich Petra vom Stadtbüro aus und Julian sehr hilfsbereit.

Eindrücke

Die Versammlung fand im Congress Centrum Würzburg statt – einem recht edlen Veranstaltungsforum, das aber beim Catering (und mutmaßlich auch der Miete) nicht gerade auf Dumpingpreise setzt. Es gab neben dem großen Saal einige kleinere Workshop-Räume (in denen wir am Freitag die Sitzung des LAK Medien- und Netzpolitik hatten) und ein Foyer mit einigen Ausstellern. Leider hatte ich keine Zeit, mir sie genauer anzuschauen, da die Konferenz wirklich praktisch die komplette Zeit in Anspruch nahm: am Samstag von 11:00 bis etwa 19:00 Uhr, am Sonntag von 9:00 bis etwa 15:00 Uhr. Wohlgemerkt durchgehend ohne Mittags- oder sonstige Pausen. Da sich bei jedem irgendwann mal der Magen meldet und die ganze Konferenz ja auch eifrig zum Netzwerken benutzt wird, war das Foyer auch während der eigentlichen Versammlung immer recht belebt – und der Saal wechselhaft voll besetzt.

Eine wohl noch recht neue, aber schon lieb gewonnene Tradition der bayerischen Landesversammlungen ist das „Yeaahh!-Bingo!“: aus einem am Vortag erstellten Pool an Reizwörtern und Phrasen bekam jede Delegierte einen Zettel mit 25 zufällig ausgewählten Begriffen vorgelegt, mit der Aufforderung, laute Yeaahh! zu rufen, wenn fünf in der Reihe abgehakt sind. Es dauerte höchstens eine Stunde, bis der Gewinner feststand – und Claudia Roth damit einmal mehr bei ihrer Rede unterbrach (bereits auf der letzten LDK traf es sie, damals noch völlig überraschend; unter http://vimeo.com/7876517 sieht man die damalige Szene, etwa bei 24:10 min).

Lobenswert ist die technische Begleitung durch die Netzbegrünung: das W-Lan hatte durchgängig funktioniert (was ja selbst beim CCC nicht selbstverständlich ist), der Livestream wohl auch fast (am Sonntag kam wohl jemand auf die Idee, das Equipment einfach auszustecken um stattdessen sein MacBook aufzuladen). Die Zahl der Teilnehmer, die live twitterten, war recht überschaubar – dafür hatte ich auf diese Weise auch neue Leute kennengelernt.

Das mediale Interesse war mittelgroß: die Vertreter insbesondere des Bayerischen Rundfunks huschten ständig hin und her und filmten – noch nicht ganz schlimm, aber schon genug, um gelegentlich durchaus zu nerven. Es ist zumindest recht störend, wenn Interviews mit den Bundestagsabgeordneten mitten in den vorderen Sitzreihen durchgeführt werden – während die eigentliche Versammlung weiter läuft.

Ablauf

Die Versammlung begann mit einem Gedenken an den verstorbenen Fraktionsvorsitzenden Sepp Daxenberger in Form eines Films und mehrerer Reden.

Es folgte eine Debatte zum Thema „Grünes Wachstum“ mit einigen gesetzten Redebeiträgen aus der Landtags-, der Bundestags- und der Europafraktion sowie der Grünen Jugend. Daneben gab es mehrere ausgeloste Redebeiträge. Es war bei der Debatte auffällig, dass sich hier hauptsächlich die verschiedenen Abgeordneten zu Wort meldeten. Das war insofern interessant, als dass man hier mal viele Abgeordnete sah und ihr jeweiliges Themengebiet kennenlernte, mit denen man sonst kaum etwas zu tun hat (z.B. fand ich die Reden von Uwe Kekeritz aus Fürth besonders interessant). Andererseits hatte das ganze dadurch mehr den Charakter einer Vortragsreihe denn einer klassischen kontroversen Diskussion. Das ist im Prinzip in Ordnung – zumindest im Nachhinein wäre es aber angesichts der Zeitknappheit zum Schluss hin meiner Meinung nach besser gewesen, diesen Punkt zugunsten kontroverserer Themen etwas zu straffen.

Die Diskussion um den „Leitantrag Wachstum“ wurde durch ein Referat des Berliner Senators Reinhard Loske eingeleitet, der einen recht breiten Überblick über die gesamte Wachstumsdebatte lieferte – sowohl über die vielen verschiedenen Themenfelder (Steuern, Indizi, Soziale Innovationen, Rebound-Effekt, …) als auch über die Historie der Debatte. Der Antrag genoss sehr hohe Zustimmung, daher war die anschließende Diskussion recht einfach und er wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Etwas umstrittener waren die verschiedenen Anträge zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Aber auch hier setzte such der Antrag des Landesvorstands klar durch. In der Frage zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen gab es keine Entscheidung – wobei sich hier nach meiner persönlichen Wahrnehmung wohl die Gegner eines Verbots klar durchgesetzt hätten.

Weitere Anträge, die behandelt wurden:

  • Inklusion als Thema für eine der folgenden Konferenzen im Rahmen des „Mein Bayern“-Prozesses.
  • Ohne Frauen geht nichts!“ – ein Antrag, der eine ganze Reihe an Forderungen aufstellte, welche die Stellung der Frau verbessern sollen. Die meisten der Forderungen waren unstrittig, nur zur Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten gab es Gegenstimmen. Hier muss ich aber kritisch anmerken, dass ich den Umgang mit dem Gegenredner, auch wenn ich seine Position nicht teile, alles andere als fair empfand – er wurde regelrecht ausgepfiffen.
  • Der Antrag zur Begrenzung der Amtszeit von Bürgermeistern wurde nicht ganz in der ursprünglichen Fassung beschlossen. Der Antrag war wohl auf einen konkreten Einzelfall zurückzuführen. Stattdessen wurde das Anliegen an verschiedene Parteigremien weiterverwiesen.
  • Gerald Häfner (MEP) stellte die Europäische Bürgerinitiative vor und forderte (und bekam) ein klares Votum der Basis für eine möglichst bürgerfreundliche Ausgestaltung.
  • Die Grüne Jugend stellte (mit einer kleinen Bühnenperformance) die Probleme mit dem aktuellen Schulnotensystem vor und forderte in einem Antrag ein Bekenntnis zu individuelleren Bewertungssystemen.
  • Zwei Anträge befassten sich mit den ländlichen Räumen Bayerns: generell sollten ländliche Räume gefördert werden, und insbesondere das Gesundheitssystem in diesen Bereichen soll verbessert werden.
  • Außerdem wurde eine Stärkung der Gewerbesteuer zur kommunalen Wirtschaftssteuer gefordert. Es gab zwar auch Kritik an der Gewerbesteuer, gerade weil es sich dabei auch um eine konjunkturabhängige Steuer handelt, der Antrag wurde trotzdem beschlossen.

Der zweite Tag bestand vor allem aus Gremienwahlen. Dieter Janecek bewarb sich (ohne Gegenkandidaten) erneut als Parteivorsitzender und wurde mit gut 90% Zustimmung wiedergewählt.

Noch deutlicher war die Wiederwahl des Schatzmeisters Benedikt Mayer: er wurde mit exakt 100% Zustimmung wiedergewählt und war damit wohl der der größte Gewinner der ganzen Wahlen. Nicht nur aufgrund seines sympathischen Humors („Mist, jetzt kommt raus, dass ich mich auch selbst gewählt habe“), sondern natürlich vor allem wegen der recht soliden Buchführung und Haushaltsplanung, die er zuvor recht vorstellte.

Umkämpft war der Parteirat, für den es mehr als doppelt so viele BewerberInnen gab als Plätze. Im Ergebnis setzt sich der neue Parteirat aus 12 Mitgliedern zusammen, die wohl recht gut über die verschiedenen Regionen Bayerns und die verschiedenen Betätigungsfelder (Grüne Jugend, Landtag, Bürgermeister, …) verteilt sind.

Viele weitere Gremien hatten das Problem, dass es tendenziell zu wenig BewerberInnen für sie gab und sie nur durch spontane Bewerbungen überhaupt voll besetzt werden konnten. Ich für meinen Teil habe das Gefühl, dass das mitunter daran liegt, dass die Arbeit vieler Gremien vergleichsweise unbekannt ist. Vom Länderrat hatte ich beispielsweise erst im Rahmen der Vorbereitung auf diese LDK erfahren, obwohl dieser offenbar durchaus eine wichtige Rolle innerhalb der Partei hat. Bei den verschiedenen finanzbezogenen Posten (SchatzmeisterIn, Rechnungsprüfung, Bundesfinanzrat) überrascht mich das geringe Interesse leider weniger – beim Animexx ist die Situation ja nicht viel anders.

Die sonst sehr positive Bilanz der Landesversammlung wurde leider zum Schluss durch einen recht unschönen Misserfolg getrübt: es standen noch zwei Satzungsänderungsanträge an, einerseits zur geschlechtergerechten Sprache, andererseits zum Frauenstatut – also zu Herzensangelegenheiten der Partei. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit waren aber schon so viele Delegierte abgereist, dass der Versammlung die Beschlussunfähigkeit drohte – die Abstimmung musste auf eine andere Landesversammlung verschoben werden. Ärgerlich, gerade weil der Antrag eigentlich bereits am Vortag behandelt werden hätte sollen.

Protokoll: Hep Monatzeder zur Radverkehrspoltik

Ort: Augustiner Bürgerheim, Westend
Zeit: 5. Oktober 2010, 19:00 Uhr
Ehrengäste: Hep Monatzeder und Max Leuprecht

1) Begrüßung

  • Durch Anna Hanusch. Sie spricht die angedachte intensivere Zusammenarbeit zwischen ADFC und den Bas an.
  • Durch Roland Petrik. Er spricht die angedachte Internetplattform an.

2) Vortrag von und Diskussion mit Hep zur Radverkehrspolitik

  • Zu der Rad-Reklamations-Seite aus Wien erwähnte er, dass er vor kurzem erst in Wien war und den Grünen down beim Wahlkampf half; was den Radverkehr selbst angeht, sind die Wiener eher neidisch auf München.
  • Der Anteil des Radverkehrs hat in München in den letzten 1-2 Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen: 1996 war es 6%, 2002 schon 11%, 2010 dann 14%. Das ursprüngliche Ziel von 15% bis 2015 wurde auf 17-20% nach oben korrigiert.
  • Vorbild ist Kopenhagen (40%) und Amsterdam (36%).
  • Insgesamt gab es in zehn Jahren etwa 18 Mio. Investitionen in den Radverkehr. Nicht mit eingerechnet: Instandhaltungsmaßnahmen und Aufwertungen, die Teil einer größeren Umbaumaßnahme waren (z.B. Petueltunnel).
  • Die erste Fahrradstraße war die Wittelsbacherstraße. Inzwischen gibt es 17 davon, 20 weitere werden geprüft.
  • Neues Wegweisungssystem, das nebenbei auch Fußgängern Vorteile bringt.
  • Der Radelclown bringt bei aller negativen Publicity immerhin das Thema immer wieder auf die Agenda…
  • Es war ein langer Kampf, um Radl-Gegenverkehr in Einbahnstraßen durchzusetzen – anfangs standen regelrechte Horrorszenarien im Raum.
  • Eindringlich rief er dazu auf, Rücksicht auch bei Radlfahrern einzufordern. Dies sei besonders wichtig, da die meisten schweren Unfälle in München zwischen Radfahrern und zwischen Radfahrern und Fußgängern passieren.
  • Mehr Stellplätze müssen geschaffen werden – nur bei der Umwandlung von Parkplätzen in Fahrradstellplätze gibt es häufig irrationalen Widerstand.
  • Ein besonderes Nadelöhr ist die Lindwurmstraße. Lösungen wie in Kopenhagen, wo in vergleichbaren Straßen keine Parkplätze sind, dafür der Geh- und Radlweg breiter ist, sind hier politisch sehr schwer durchzusetzen.
  • Es gibt viele Überlegungen, wie man die Trasse Odeonsplatz-Rindermarkt befrieden könnte, auch für die Straßen in der Nähe (insb. Sparkassenstraße) gibt es verschiedene Ideen.
  • Die „Leuchtturmprojekte“ sind die Lindwurmstraße, Brienner Straße, Kapuziner Straße, Rosenheimerstraße.
  • Der ADFC betont, dass der bauliche Radweg keinesfalls das Nonplusultra ist. Objektiv gesehen sei der Radweg zumindest nicht sicherer als das Fahren auf der Straße. Bei besonders engen Radwegen ist die Unfallgefahr evtl. eher noch höher. Ein Verzicht auf die Nutzungspflicht des Radwegs wird daher gefordert, wo möglich.
  • Das KVR prüft derzeit die Aufhebung der Nutzungspflicht in der Nymphenburgerstraße.
  • Am Pasinger S-Bahnhof ist auf der Nordseite ein Doppelstockparker für 522 Radstellplätze geplant.
  • Hep betont, dass es auch wichtig ist, dass Firmen geeignete Infrastrukturen zur Verfügung stellen (Duschen, Spints, Reparaturservice, …)
  • Die Ampeln so zu schalten, dass Radfahrer eine Grüne Welle bekommen, ist eher nicht realistisch umzusetzen.
  • Der Sicherheitscheck kam recht gut an und wird in der nächsten Radsaison fortgeführt.
  • Das Konzept mit dem rot abmarkierten Fahrbahnbereich in der Maximiliansstraße hat sich wohl bewährt.
  • Eigene Fahrradampeln, die länger grün sein könnten als die Fußgängerampeln, sind vor allem eine Geldfrage.

3) Olympia

  • Nein, das breite ich hier nicht nochmal aus 🙂

Stadtversammlung am 4. Oktober ’10

Die diesmalige Stadtversammlung der Münchner Grünen war für mich quasi eine Jubiläumsveranstaltung: vor ziemlich genau einem Jahr war ich zum ersten Mal auf einer Stadtversammlung – am selben Ort, und vor allem zum selben Thema: der Olympia-Bewerbung. Immerhin war ich diesmal darauf vorbereitet, dass dies ein recht emotionales Thema werden würde. Im Vorfeld gab es gewissermaßen einen Wahlkampf und man wurde recht ausführlich mit Infomaterial versorgt – im Fall des zentralen, 190seitigen Umweltkonzepts allerdings erst drei Stunden vor Beginn der Versammlung. Mit 142 stimmberechtigten Mitgliedern und einigen Besuchern war es auch die bestbesuchte Stadtversammlung seit langem.

Bevor es ans Eingemachte ging, stand aber noch ein anderes emotionales Thema auf der Tagesordnung: Hanna Sammüllers Verabschiedung. Sie hatte zwei Wochen zuvor ihren Rücktritt von ihrem Posten als Vorsitzende des Kreisverbands München bekannt gegeben, da sie ihn zeitlich nicht parallel zu ihrer Promotion ausfüllen konnte. Dankesreden gab es von Nikolaus Hoenning, Petra Tuttas und Lydia Dietrich. Als dann noch der Song „Geile Zeit“ von Julie eingespielt wurde, wurde es aber fast etwas zu cheesy… der nicht enden wollende „Verabschiedungs-Applaus“ machte aber nochmal deutlich, wie beliebt sie an ihrem Posten war. Eine hohe Messlatte für ihre Nachfolgerin, die demnächst gewählt wird.

Bei der Diskussion um die Olympia-Bewerbung ging es im folgenden um drei Anträge, über die abgestimmt werden sollte:

  • A1, gestellt von im wesentlichen von den Mitgliedern der Grünen Stadtratsfraktion, forderte, die Bewerbung weiter kritisch begleiten, also die Bewerbung grundsätzlich mittragen zu dürfen.
  • A2, gestellt von Dieter Janecek, Katharina Schulze, Ludwig Hartmann und weiteren (man verzeihe mir, dass ich nicht alle Namen aufzähle), fordert eine klare Ablehnung der Olympia-Bewerbung durch die Stadtratsfraktion.
  • A3 von Hermann Brem ist als Kompromissvorschlag gedacht – man solle akzeptieren, dass es in der Partei deutliche Meinungsverschiedenheiten gibt. Die Stadtratsfraktion könnte damit der Bewerbung zustimmen, müsse aber auch akzeptieren, dass Teile der Partei öffentlich dagegen Stellung beziehen.

Die Diskussion und Abstimmung darüber, respektive einer ganzen Reihe an Geschäftsordnungsanträgen, dauerte knapp zwei Stunden. Da es insgesamt 23 Redebeiträge gab, versuche ich, die wesentlichen Argumente für A1 und A2 zusammenzufassen (wohlgemerkt nur diejenigen, die meiner Erinnerung nach auch in der mündlichen Diskussion intensiver behandelt wurden, nicht alle für die eine oder andere Position):

  • Für die Bewerbung:
    • Das Umweltkonzept sei Kernstück der Bewerbung und entgegen der Behauptungen der Gegner sehr wohl seriös – der Öko-Institut e.V., aus dessen Feder das Konzept stammt, habe einen sehr guten Ruf. Auch dass Finanzierungskonzept sei mehrfach geprüft worden.
    • Ein großer Teil der ökologischen Leitprojekte konnten durchgesetzt werden. Es sei zwar tatsächlich bedauerlich, dass zwei Projekte entfallen sind – insbesondere das geplante Biosphärenreservat rund um Garmisch-Partenkirchen. Aber dafür sei zumindest ein teilweiser Ersatz gefunden worden.
    • Die Ausrichtung der Olympiade die ein guter Hebel, um wichtige grüne Projekte zügig voranzutreiben, für welche die Mühlen der Tagespolitik sonst viel zu schwer Mehrheiten zu finden wären – insbesondere das geplante Plusenergiedorf, das ein bundesweites Vorzeigeprojekt werden könnte.
    • Man konnte das Bisherige aber nur durchsetzen und kann es auch in Zukunft nur durchsetzen, wenn man in den zuständigen Gremien vertreten ist und sich aus dem Projekt nicht zurückzieht.
    • Die Ausrichtung der Paralympics, die an die Bewerbung gekoppelt ist, setzt ein positives Zeichen für die Integration behinderter Menschen.
    • Es gehe bei der Abstimmung auch um die Glaubwürdigkeit und Kontinuität grüner Politik: die Basis der Grünen hätten bereits mehrfach die Bewerbung akzeptiert (mit Annahme des Koalitionsvertrags und auf der Stadtversammlung letztes Jahr). Ein Ablehnen der Bewerbung würde nun faktisch einen Vertragsbruch des Koalitionsvertrags darstellen.
    • Dass die Informationspolitik sehr zu wünschen übrig lässt und es sich beim IOC um eine Organisation mit sehr fragwürdigen Methoden und Anforderungen handelt, wurde auch von den Befürwortern der Bewerbung nicht bestritten.
    • Die Winter-Olympiade wird 2018 so oder so irgendwo stattfinden. Da sollte es uns lieber sein, hier die ökologische Ausrichtung beeinflussen zu können, als es Ländern zu überlassen, die sich weniger darum kümmern.
  • Gegen die Bewerbung:
    • Gerade das Finanzierungskonzept der Bewerbung sei hochgradig unseriös. Mehrere hundert Millionen Euro Einnahmen stammen aus dem nicht näher definierten Topf „Sonstiges“, auch andere Annahmen seien viel zu gutgläubig gemacht worden. Die Übernahme eines Teils des Risikos von Garmisch-Partenkirchen durch die Stadt München sei nicht hinnehmbar. Insgesamt sei das finanzielle Risiko viel zu groß.
    • Die Bewerbung sei ohnehin vergebene Liebesmüh, da der Gewinner der Ausschreibung inoffiziell ohnehin bereits fest stehe: es sei die letzten Male immer so gewesen, dass die Bewerberstadt mit dem teuersten Bewerbungskonzept das Rennen machte, und in diesem Aspekt sei Pyeongchang nicht einzuholen.
    • Selbst wenn sich die Bewerbung doch noch über Sponsoring privater Firmen decken sollte, fehlt das Geld (immerhin ein Betrag über 30 Mio. Euro für die Bewerbung alleine) für die Förderung anderer sozialer Projekte.
    • Über das kulturelle Rahmenprogramm, das laut Koalitionsvertrag ebenfalls Bestandteil des Konzepts sein sollte, hat sich anscheinend niemand irgendwelche Gedanken gemacht.
    • Da einige der zentralen Projekte des Umweltkonzepts nicht durchgesetzt werden konnten, verkommt das Umweltkonzept allenfalls zum grünen Mäntelchen. Deswegen seien auch schon ein großer Teil der seriösen Umweltverbände aus dem Projekt ausgestiegen.
    • Durch eine Ablehnung der Bewerbung bestehen bessere Chancen, am fragwürdigen System der IOC etwas zu verändern – gerade weil es früher noch über ein Dutzend Bewerbungen gab, die Zahl aber mit jedem Mal schrumpft – inzwischen sind es für 2018 schon nur noch drei Städte (München eingerechnet).

Bei der ganzen Diskussion gab es vereinzelt recht polemische Aussagen („Weltdopingspiele“), und mindestens genauso viele gegenseitige Anschuldigungen der Polemik, es ging aber nie unter die Gürtellinie und es lief für ein augenscheinlich so emotionales Thema im großen und ganzen doch recht gesittet zu – das war auch letztes Jahr schon mein Eindruck. Am aggressivsten war interessanterweise ein ehemaliger Mitarbeiter des IOCs, der durch einen sprachlich brillanten GO-Antrag („Der IOC-Typ soll schon noch reden dürfen!“) kurzfristig einen eigenen Redebeitrag erhalten hatte – er prangerte das IOC als „Mafia-Organisation“ an, zu dem endlich mal jemand „Nein“ sagen müsse.

Gewisse Probleme bereitete die Frage, wie man über die drei Anträge am besten abstimmen könnte: während A1 und A2 klar konträre Positionen darstellten, war der Kompromissantrag A3 schwerer in eine klare „Entweder-Oder“-Abstimmung einzubinden. Das führte zu dem Kuriosum, dass es mitunter eine Abstimmung über einen Geschäftsordnungsantrag über die Durchführung eines schriftlichen Meinungsbildes zur Bestimmung der eigentlichen Abstimmung gab…

Schon bei diesem Meinungsbild wurde die Tendenz klar: der ablehnende Antrag A2 hatte eine klare Mehrheit, gefolgt vom Kompromissvorschlag A3. Diese beiden Anträge traten in einer Stichwahl gegeneinander an, mit dem Ergebnis, dass sich:

  • 92 Mitglieder für die Ablehnung (A2) und
  • 45 für den Kompromissantrag (A3) entschieden,

die Stadtratsfraktion also aufgefordert wurde, sich gegen die Bewerbung auszusprechen.

Was tatsächlich passieren wird, wird sich am Mittwoch zeigen, wenn die Entscheidung im Stadtrat fällt. Dieter Janecek, Wortführer des ablehnenden Antrags, erwähnte gleich im Anschluss an die Abstimmung, dass er nicht erwarte, dass das Votum 1:1 umgesetzt wird, man in Zukunft aber intensiver darüber kommunizieren müsse, wie man damit umgeht. Sigi Benker griff das als Fraktionsführer gleich auf und kündigte an, dass sich die Fraktion nun intern beraten würde und dann möglicherweise nach „unserem Gewissen“ entscheiden würden.

Wirklich überraschend wäre es zumindest nicht, wenn sich die Stadtratsfraktion anders als vom Votum gefordert trotzdem für die Bewerbung aussprechen würde oder die Entscheidung den einzelnen Mitgliedern freigibt – ähnlich wurde letztens auch bei der Entscheidung zum zweiten S-Bahn-Tunnel verfahren.

Etwas überschattet von Olympia gab es aber auch noch weitere Anträge und Resolutionen, über die auf der Stadtversammlung abgestimmt wurde, auch wenn sie deutlich weniger Zeit in Anspruch nahmen und nach der anstrengenden Diskussion leider vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bekamen:

  • Hermann Brem stellte eine Resolution vor, in der sich die Grünen München gegen Atomkraft aussprachen. Was manchen etwas befremdlich vorkam – es gibt wohl kaum eine Position, das als noch selbstverständlicher angesehen wird als diese, also warum darüber abstimmen? – hatte den Zweck, durch diese Resolution nocheinmal zur Demonstration kommenden Samstag aufzurufen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Gülseren Demirel warb dafür, sich in Form einer Resolution für die Integration, aber gegen den Populismus zu diesem Thema auszusprechen. Die Resolution wurde angenommen.
  • Florian Roth rief in einer Resolution dazu auf, sich mit den Protestierenden gegen Stuttgart 21 zu solidarisieren. Die Resolution wurde angenommen.
  • Dominik Schott hatte ursprünglich vor, seinen Antrag zur Abschaffung der Maklergebühren vorzustellen – den er eigentlich schon auf der vorigen Stadversammlung behandeln wollte. Leider traf ihn diesmal wieder das selbe Schicksal: der Antrag wurde wegen Zeitknappheit auf die nächste Versammlung verschoben.
  • Sebastian Weisenburger stellte einen Antrag, der die Gentrifizierung / Yuppisierung vieler einiger Stadtteile thematisiert – in München ist davon derzeit besonders Giesing und das Westend betroffen. Luxussanierungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sind für viele Münchner eine sehr große Sorge, da hierdurch häufig alteingesessene Bewohner eines Stadtviertels vertrieben werden. Sowohl die Stadtratsfraktion als auch die Landtagsfraktion wird in dem Antrag dazu aufgefordert, Maßnahmen gegen diesen Prozess zu ergreifen (z.B. in Form einer städtischen Erhaltungssatzung). Der Antrag wurde angenommen. Hermann Brem kündigte außerdem an, dass seitens des Stadtvorstands geplant ist, eine eigene Veranstaltung zu dem Thema zu organisieren, es möglicherweise auch zu einem Schwerpunktthema einer künftigen Stadtversammlung zu machen.

Abschließend gab es noch eine ganze Reihe an Personalwahlen:

  • Zwei RechnungsprüferInnen für das Jahr 2009 wurden gesucht. Da dies wohl nicht gerade der prestigeträchtigste Job ist, musste wohl auch wirklich gesucht werden, bis sich zwei Freiwillige fanden.
  • Es gab Nachwahlen für die zwei verbliebenen Frauenplätze für die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Würzburg. Da es dafür genau zwei Bewerberinnen gab, fiel die Wahl auch hier nicht sonderlich schwer.
  • Es mussten noch Ersatzdelegierte für die LDK gewählt werden.
  • Etwas mehr Zeit nahm dann noch die Wahl der Delegierten für die Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg in Anspruch. Hier gab es insgesamt 14 Plätze, also 7 Frauen- und 7 offene Plätze. Für die Frauenplätze gab es etwa ein Dutzend, für die offenen Plätze etwa 15 BewerberInnen.

Da zur BDK-Delegierten-Wahl die Zeit schon sehr fortgeschritten war (kurz vor Mitternacht), sich die Reihen entsprechend lichteten und es langsam Zweifel gab, ob die Stadtversammlung überhaupt noch beschlussfähig sei, blieb ich noch um meine Stimme abzugeben, wartete dann aber das Ergebnis nicht mehr ab.

Als der Bürger König wurde

Am 1. Oktober 1995 stimmte das bayerische Volk dem Volksentscheid zu, nun auch kommunale Bürgerbegehren bzw. -entscheide einzuführen. Anlässlich des 15jährigen Jubiläums veranstaltete die grüne Landtagsfraktion am 2. Oktober 2010 im Landtag einen Festakt, den gut 300 BesucherInnen besuchten.

Nach einer musikalischen Einstimmung durch den Saxophonisten Klaus Kreuzeder hielt Margarete Bause (Fraktionsvorsitzende) die Eröffnungsrede, in der sie nach der Begrüßung die Erkenntnisse nach 15 Jahren Bürgerentscheid benannte: die Befürchtungen der Gegner hätten sich nicht erfüllt, er wirke der politischen Gleichgültigkeit entgegen und wirke aber durch seine Fakten schaffende Natur deeskalierend. Ein wichtiger Aspekt sei aber, dass das Recht auf Bürgerentscheide in Zukunft noch durch ein möglichst weit reichendes Recht auf Informationszugang (Informationsfreiheitsgesetz) flankiert wird.

Susanna Tausendfreund (innenpolitische Sprecherin) erzählte von den Anfangszeiten des Bürgerentscheids. Gerade in den ersten Monaten gab es besonders viele Begehren und Entscheide, da wohl einiges an Nachholbedarf bestand. Gleichzeitig gab es zu Beginn noch eine Reihe von Unklarheiten rund um die Zulassung von Bürgerbegehren. Mehrere Beispiele belegten, dass die BürgerInnen weise und differenziert mit dem Mittel umgehen. Sie erzählte aber auch von den Rangeleien gerade mit der CSU um die konkrete Ausgestaltung des Bürgerentscheids. Besonders kritisch sei das aktuelle Quorum von mindestens 20% bei Gemeinden von weniger als 50.000 Einwohnern. Zum Schluss las sie noch mit einer gewissen Genugtuung den Brief eines CSU-Bürgermeisters vor, in dem sich dieser zwar von der Teilnahme an dieser Veranstaltung entschuldigt, sich ob seiner damaligen Skepsis aber geläutert zeigte und große Sympathien zum Bürgerentscheid und auch Grüner Politik allgemein zum Ausdruck brachte.

Susanne Socher berichtete anschließend von der täglichen Arbeit des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“, der einer der treibenden Kräfte hinter der Einführung des Bürgerentscheids war, gewissermaßen eine Service-Stelle für Bürgerbegehren aller Art ist und sich generell für mehr direkte Demokratie in Deutschland einsetzt. Von den etwa 903 Bürgerentscheiden, die es bayernweit bisher gab (es gibt wohl keine offizielle Statistik über Bürgerbegehren, weswegen „Mehr Demokratie“ diese Zahlen selbst erfasst), wurden ungefähr die Hälfte vom Volk angenommen, die Hälfte abgelehnt. Das wichtigste Thema sind dabei Verkehrsprojekte. Auch sie bekräftigte die Forderung nach geringeren Quoren, gerade in kleineren Gemeinden, und einem Informationsfreiheitsgesetz. Außerdem beklagte sie, dass es gelegentlich zu Entgleisungen bei der Diskussion über den Gegenstand der Bürgerbegehren käme – diese könnten aber ihren Zweck nur dann ganz entfalten, wenn sie sachlich und ohne Anfeindungen stattfänden.

Den Hauptteil der Veranstaltung stellte die Podiumsdiskussion dar, deren Teilnehmer aus unterschiedlichen politischen Richtungen stammten und die auf unterschiedliche Weise mit dem Bürgerentscheid in Berührung kamen:

  • Josef Daimer (CSU), früherer Bürgermeister von Landshut, sollte vor allem zu seiner damaligen stark ablehnenden Haltung dem Bürgerentscheid gegenüber Stellung nehmen. Er gab durchaus bereitwillig zu, dass der von ihm damals befürchtete „organisierten Egoismus“ nicht überhand nahm, relativierte aber auch die Vorteile – der Politikverdrossenheit wirkten sie zumindest nicht entgegen, wie die weiterhin sinkenden Wahlbeteiligungen zeigten. Man müsse auch die damalige „Furcht“ verstehen – er war wohl zu der Zeit etwas verbittert ob der wechselnden öffentlichen Meinung zu einem großen Tunnelprojekt in Landshut. Überhaupt hätten sich die Zeiten geändert, inzwischen seien ja doch alle erfahrener und ruhiger geworden – „und Sie, die Grünen, sind inzwischen besser bekleidet“.
  • Bernhard Suttner, Vorsitzender der bayerischen ödp, lobte die Effekte, die der Bürgerentscheid auf die Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung hätte. Wichtig sei natürlich, dass Bürger und Politiker im Dialog stünden – dieser Dialog sei aber für die Bürger durch das letzte Mittel des Bürgerbegehrens „zielführender“ geworden. Er betonte außerdem die Vorbildfunktion der Schweiz damals, in der das Prinzip direkter Bürgerbeteiligung gut funktioniert.
  • Der bayerische Verfassungsrichter Klaus Hahnzog (SPD) erzählte auf die Frage nach dem bundesweiten Volksbegehren hin von dem ständigen Ringen mit der CSU/CDU, die sich damit nicht anfreunden könnten. Seiner Meinung nach sei auch gerade der Atomausstieg ein gutes Thema für einen solchen Volksentscheid.
  • Peter Gauweiler (CSU) wurde nach eigenen Aussagen auch eingeladen, um der ganzen Veranstaltung „eine gewisse Würze“ zu verleihen – und genau das tat er dann auch, mit reichlich herzhaften Sticheleien. Er nutzte selbst das Instrument des Bürgerbegehrens selbst intensiv – er war mit dem Tunnel-Entscheid in München Initiator des ersten bayerischen Entscheids – betonte aber auch, dass die Entscheidungen stark von flüchtigen Stimmungen abhängen können. Zu Wackersdorf hätte man damals einen Volksentscheid durchführen sollen – er wäre sich zumindest nicht sicher, ob die Entscheidung wirklich ablehnend gewesen wäre.. Überhaupt sieht er die Probleme der Politik an ganz anderen Stellen, zum Beispiel der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz insbesondere hin zur EU, und der Apparatisierung der Parteien. Er erwähnte außerdem, dass er sich im Bundestag zusammen mit Josef Winkler (Grüne) für die Direktwahl einiger hoher Ämter einsetzt, beispielsweise des Bundespräsidenten.
  • Gerald Häfner (Grüne), Mitgründer des „Mehr Demokratie e.V.“, erzählte, wie er überhaupt dazu kam, sich für mehr direkte Demokratie einzusetzen und betonte die Bedeutung der fundamentalen Frage, wer im politischen System nach welchem Verfahren entscheidet. Er setzte sich bereits lange für die Möglichkeit eines bundesweiten Volksentscheids ein und sieht hier immerhin die Widerstände schmelzen. Gleichzeitig sei es wichtig, sich diese Mitbestimmungsrechte auch auf europäischer Ebene zu erkämpfen.

Zum Abschluss hätte Gerald schließlich noch einen Vortrag über die Europäische Bürgerinitiative halten sollen (er ist im Europäischen Parlament einer der zuständigen Berichterstatter dazu), der wegen Zeitmangel dann leider doch entfallen musste – damit nach der Mittagspause die „Wellküren“ noch ihren abschließenden Auftritt halten konnten. Am 15. November wird es im Bayerischen Landtag von 19:30 – 21:00 Uhr noch eine Veranstaltung mit Gerald speziell zur Europäischen Bürgerinitiative geben – leider habe ich dazu aber online noch nichts gefunden.

Bericht: LAK Medien- und Netzpolitik am 18. September

Diesen Monat tagte der Landesarbeitskreises wieder in Ingolstadt. Insgesamt waren elf Personen anwesend – ironischerweise aber nur ein einziger aus Ingolstadt selbst. Für zwei der Beteiligten war dieses Treffen quasi die „Feuertaufe“ der aktiven Parteiarbeit – ich hoffe einfach mal, wir haben sie nicht verschreckt 🙂

Der Schwerpunkt des Treffens lag beim Urheberrecht und der Kulturflatrate. Anlass dafür war die kommende Podiumsdiskussion „Eine für alle – Brauchen wir eine Pauschalvergütung im Internet?“ der Grünen Landtagsfraktion, auf der diese Themen näher erörtert werden sollen. Als Referenten haben bereits RA Gerd Hansen, Konstantin von Notz (MdB) und Helga Trüpel (MdEP) zugesagt – also Personen, die sich bereits mehrfach in der Diskussion um die Kulturflatrate eingebracht haben.
Der LAK ist bei dieser Veranstaltung inhaltlich beratend tätig – so wurde auf dem Treffen eine recht ausführliche Liste an Fragestellungen ausgearbeitet, die der Moderatorin als Leitfaden dienen könnte. Das Ziel des LAKs bei der Veranstaltung wird sein, nachzuhaken, ob schon genauere Vorstellungen zur möglichen Ausgestaltung der Kulturflatrate herrschen – um letzten Endes auch selbst Stellung dazu beziehen zu können.

Inspiriert von einem unserer Meinung nach gelungenen Positionspapier der Baden-Württemberger Grünen zur Netzpolitik machten wir uns außerdem Gedanken, wie der LAK ebenfalls zu einem Positionspapier kommen kann, das sich dann freilich eher an den bayerischen Gegebenheiten orientiert – und dann möglicherweise auch mit in das Wahlprogramm zur kommenden Landtagswahl einfließt. Während wir noch nicht soweit kamen, konkrete (Recherche-)Aufgaben zu verteilen, wurden zumindest schon einmal die ungefähren Themengebiete identifiziert.

Zuletzt wurde diskutiert, wie man den LAK in der Partei noch etwas bekannter machen könnte. Mit einem knappen Dutzend Teilnehmern bei jedem Treffen haben wir zwar noch keine Probleme, doch gerade der Frauenanteil (zwei Frauen bei diesem Treffen) ist derzeit noch unbefriedigend. Als ersten Schritt sollen Flyer gedruckt werden, mit denen wir uns unter anderem auf der kommenden Landesdelegiertenkonferenz etwas bewerben wollen.